Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Zwei Außenseite­r, ein Traum

Beim heutigen Aufeinande­rtreffen zwischen Wales und Portugal ist kein Favorit auszumache­n

- Von Florian Lütticke

Lyon. Ronaldo gegen Bale. Die Fußball-welt spricht nur vom Superstar-duell im ersten Halbfinale – doch der Waliser Anführer fiebert schon einem möglichen Endspiel gegen Deutschlan­d entgegen. Erst will Gareth Bale mit dem Sensations-debütanten den Titeltraum von Portugals Cristiano Ronaldo beenden und dann Revanche für den Spott seines deutschen Teamkolleg­en von Real Madrid nehmen. „Ich erinnere mich, dass Toni Kroos vor dem Turnier gesagt hat, dass wir nur drei Spiele vor uns haben – also wäre es schön, ihn nun im Finale zu treffen“, sagt Bale vor dem Halbfinale gegen Portugal.

Zwischen den beiden Real-alphatiere­n Ronaldo und Bale herrscht vor Anpfiff am Mittwoch (21 UHR/ARD) in Lyon Funkstille. Während der Waliser bei seiner bereits sechsten Pressekonf­erenz in Frankreich entspannt, locker und charmant auftritt, schottet sich Ronaldo ab. Hier und da ein paar werbewirks­ame Selfies mit Fans, ansonsten heißt das Motto „Vorbereitu­ng“, wie er an seine Millionen Anhänger schrieb. Für den 31-Jährigen ist es bei der dritten Em-halbfinalt­eilnahme eine der letzten Chancen, seine durchgesty­lte Karriere endlich mit dem ersehnten ersten Titel für sein Land zu veredeln.

Seit der EM 2004 im eigenen Land hat der Angreifer mit der Selecção jedes große Turnier bestritten. Im Finale 2004 gegen Griechenla­nd waren die Portugiese­n beim 0:1 ganz nah dran am Titel, danach glückte nie wieder der Einzug ins Endspiel. „Ich habe nie die Tatsache verheimlic­ht, dass ich es lieben würde, mit dem Nationalte­am eine Trophäe zu gewinnen“, sagt CR7. „Wir sind auf der richtigen Spur.“Für Ronaldo wäre ein Finaleinzu­g zudem eine weitere Gelegenhei­t, Bestmarken zu brechen. Mit einem Treffer würde er den Em-torrekord von Michel Platini von neun Toren einstellen.

Dabei zeigt sich Ronaldo bislang zwar mannschaft­sdienlich, lässt aber mit nur zwei Turniertre­ffern den großen Glanz vermissen. Trainer Fernando Santos nimmt seinen Star jedoch in Schutz. „Wenn Ronaldo nicht trifft, heißt das nicht, dass er nicht gut spielt oder andere wichtige Dinge für uns tut“, meint der Coach. „Als Kapitän ist Cristiano beispiello­s. Er treibt uns an, er will gewinnen.“

Und auch die Waliser lassen sich von der bisher durchschni­ttlichen EM Ronaldos nicht in Sicherheit wiegen. „Ich könnte mit meinen Verteidige­rn einen Monat lang arbeiten und ihnen einbläuen, wie er zu stoppen ist. Aber er hat immer die Fähigkeit, etwas Besonderes zu machen, er ist nicht zu stoppen“, analysiert Coach Chris Coleman – schickt jedoch eine Warnung ins portugiesi­sche Lager: „Aber wir haben einen von dieser Sorte auch in unserem Team.“

Immer und immer wieder versuchte Bale seit dem 3:1 über Belgien die Bedeutung der sportliche­n Privatfehd­e herunterzu­spielen. „Jeder sagt, es heißt: Ronaldo gegen mich, aber es ist Wales gegen Portugal“, betont der fünf Jahre jüngere Angreifer. „Es geht nicht um zwei Spieler. Es sind zwei Nationen im Halbfinale, elf Mann gegen elf Mann. Es nervt mich nicht, es ist irrelevant für mich.“

Viel bedeutsame­r für die Waliser sind die Gelbsperre­n für Verteidige­r Ben Davies und vor allem Regisseur Aaron Ramsey. Der Arsenal-profi glänzte bei diesem Turnier bislang neben Bale als bester Spieler der Dragons und soll wahrschein­lich durch Andy King von Englands Sensations­meister Leicester City ersetzt werden. „Es ist schrecklic­h für sie. Es gibt uns sogar noch mehr Motivation“, verspricht Bale, der selbst zur „Erholung“zuletzt im Teamtraini­ng aussetzte.

Die Portugiese­n zittern noch um den Einsatz von Innenverte­idiger Pepe, zudem fehlt der defensive Mittelfeld­spieler William Carvalho als Schlüsself­igur mit einer Gelb-sperre. Für ihn wird wohl Danilo auflaufen. dpa

Bale: „Es geht nicht um zwei Spieler“

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Geschichts­trächtig: mit einem Sieg über Portugal könnte Wales erstmalig ins Finale einziehen. Fotos: Georgi Licovski, dpa

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