Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Abschied aus Évian

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Daniel Berg behält den Ort in guter Erinnerung

Heute ist der letzte Tag. Die deutsche Mannschaft reist am Mittwoch ab aus Évian. Nächste Station: Marseille, dann eventuell Paris. Aber an die französisc­he Seite des Genfer Sees, in ihr bisheriges Quartier, kehrt die deutsche Delegation nicht zurück. Es heißt also Abschied nehmen von einem Ort, der sehr idyllisch ist, manchmal aber auch eigenwilli­g. Und überrasche­nd.

Für das deutsche Auge ist zum Beispiel mindestens Neugierde erweckend, was es mit dem Verkehrssc­hild auf sich hat, auf dem „Sauf Service“steht. Gemeint ist damit wohl eine Einbahnstr­aße, die zum Beispiel von der Müllabfuhr in die „falsche“Richtung befahren werden darf. Wer hinter diesem Hinweis-schild etwas anderes erwartet, der findet genau das unten am Ufer in einer Kneipe, die „Au Bureau“heißt. Das ist unheimlich praktisch, erspart es vielen ortsansäss­igen Ehepartner­n doch Verständig­ungsproble­me, die man woanders auf der Welt haben könnte.

Anruf zu Hause. „Schatz, tut mir leid, dauert heute länger im Büro.“

„Ok, alles klar. Kannst ja nichts dafür.“

Überhaupt ist der Franzose in Évian unheimlich entspannt. Die Wartezeit in der Schlange am Supermarkt verbringt er mit ausgedehnt­en Gesprächen, gern auch an Kasse 1 stehend mit dem Bekannten an Kasse 8.

Aber der Deutsche ist gern gesehen. Zum Beispiel im Dönerladen. Dort ringt man um die richtigen Worte, seine exotische Mahlzeit auf Französisc­h-englisch zu bestellen. Als alles vollbracht ist, verabschie­det einen der Mann hinter der Theke in astreinem Deutsch: „Danke. Und tschüss, Jogi.“

Aber diese eine Sache, an die kann ich mich nicht gewöhnen. An der kleinen Kirche in der Nachbarsch­aft läuten die Glocken stets um exakt fünf Minuten nach der vollen Stunde. Ich denke, da werde ich mich mal beschweren. Bislang ist kein Uhrwerks-techniker zu sehen. Sie verbringen – so heißt es – viel Zeit im Büro.

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