Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Justizminister verliert vor Gericht gegen AFD
Verfassungsrichter: Dieter Lauinger (Grüne) hat gegen die Neutralitätspflicht verstoßen
Weimar. Mit seiner auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlichten Warnung vor einer Afd-demonstration in Erfurt habe Lauinger gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, urteilten die Richter.
Die in der Pressemitteilung enthaltene Aufforderung komme in Verbindung mit den herabsetzenden Werturteilen einem „Boykottaufruf“gleich. „Sie ist geeignet, die Bürger von einer Teilnahme an der Demonstration abzuschrecken und beeinflusst so die Willensbildung der möglichen Versammlungsteilnehmer“, so Verfassungsgerichtspräsident Manfred Aschke. Damit werde in die Rechte der AFD auf „gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung“eingegriffen.
Nach Auffassung der Verfassungsrichter dürfen sich Regierungsmitglieder kritisch mit Sachverhalten auseinandersetzen. „Diese Kompetenz besteht aber nicht unbegrenzt“, betonte Aschke. So dürften Minister nicht „Partei ergreifen zulasten einer Partei“.
Justizstaatssekretärin Silke Albin sagte im Anschluss an die Urteilsverkündung: „Wir werden die aufgezeigten Spielräume für eine zulässige Pressearbeit vollumfänglich ausnutzen.“Auch ein Minister dürfe „klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus beziehen, solange er dabei nicht parteiergreifend wirkt“.
Afd-vize-landessprecher Jens Dietrich sieht mit der Entscheidung die Demokratie und die Rechte der Opposition gestärkt.
„Es ist im Sinne der Demokratie, dass staatliche Ämter mit der gebotenen Neutralität ausgeübt werden. Einmal mehr ist die Linkskoalition über das Ziel hinausgeschossen, in dem sie die Ressourcen ministerialer Öffentlichkeit für die parteipolitische Auseinandersetzung genutzt hat“, sagte der Cdu-justizpolitiker Manfred Scherer.
Bereits vor einem Monat wurde auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) von den Verfassungsrichtern attestiert, gegen seine Neutralitätspflicht im Amt verstoßen zu haben. Ramelow habe seine „Amtsautorität in Anspruch genommen“, urteilten sie.
Der Regierungschef hatte sich in seinem Büro in der Staatskanzlei vor der Landesflagge zur NPD geäußert.
2014 war der Verfassungsgerichtshof im Fall der früheren Sozial- und heutigen Finanzministerin Heike Taubert (SPD) zu einem ähnlichen Urteil gekommen.