Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Und wieder eine blutige Nase
Kai Mudra über Rüffel für Regierungsmitglieder vor Gericht
Das darf nicht zur Gewohnheit werden. Bereits zum dritten Mal handelte sich gestern mit Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) ein Mitglied der rot-rot-grünen Landesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof in Weimar eine blutige Nase ein.
Verstoß gegen das Neutralitätsgebot befanden die Gesetzeshüter. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.
Die inzwischen Angezählten, Regierungschef Bodo Ramelow (Linke), Finanzministerin Heike Taubert (SPD) und nun auch Dieter Lauinger, kritisierten allesamt rechtsextreme oder fremdenfeindliche Umtriebe. Das dürfen sie jederzeit als Menschen oder Mitglieder ihrer Parteien, aber eben nicht uneingeschränkt als Minister.
Die Gewaltenteilung lässt grüßen, aus gutem Grund!
Und auch die AFD: Der Streit lenkt von der politischen Auseinandersetzung mit ihrer Antimoschee-kampagne ab.
Der Rechtsstaat hat gesiegt, jubelten gestern die Rechtspopulisten und präsentierten sich als Opfer. Sie werfen Minister Lauinger vor, mit seiner Äußerung versucht zu haben, eine Demonstration zu boykottieren und ihre Partei zu diffamieren.
Das sah das Gericht ähnlich. Hätte stattdessen der Grünenpolitiker Lauinger erklärt: Wer den Scharfmachern hinterherlaufe, sei auch für die Folgen der Stimmungsmache mitverantwortlich. Seine Worte wären kaum angreifbar gewesen.
Anderen vorzuhalten, rechtsstaatliche Prinzipien zu ignorieren, wenn zugleich Minister beim Verfassungsgericht anecken, ist nicht clever und eine Steilvorlage für die AFD. Die Regierung sollte die Zweifel ausräumen, dass Rechtsstaatlichkeit für sie ein Problem ist.