Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Chaos-tage bei der AFD: Meuthen gründet eigene Fraktion
Als „Alternative für Baden-württemberg“will der Afd-chef im Stuttgarter Landtag auftreten. In der Partei tobt ein unerbittlicher Machtkampf
Erfurt. Chaostage bei der Alternativen für Deutschland (AFD) – wieder einmal. Der Streit um antisemitische Äußerungen des Politikers Wolfgang Gedeon eskaliert und wächst sich zu einer Zerreißprobe für die AFD auf Bundesebene aus.
Thüringens Afd-chef Björn Höcke übt sich mit Blick auf die Spaltung der AFD in Badenwürttemberg in Zurückhaltung. „Die Lage ist für mich noch relativ unübersichtlich“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Alle Akteure, meint Höcke, sollten sich nun zurücknehmen. Er und Jörg Meuthen sowie Partei-vize Alexander Gauland gelten als ärgste Petry-widersacher.
Dass die Lage in Stuttgart eskaliert sei, zeige einmal mehr, „dass wir keine ausgebufften Profi-politiker sind“, meint Höcke und erinnert daran, dass er immer gesagt habe, dass die Grünen mehr als ein Jahrzehnt gebraucht hätten, um zur Ruhe zu kommen. „Solange aber darf und wird die AFD nicht brauchen“, meint der Thüringer und ergänzt, dass es die AFD brauche, weil Deutschland seiner Ansicht nach vor dem Zerfall stehe.
Der einstige Stuttgarter Fraktionsvorsitzende Meuthen, gleichzeitig Co-sprecher im Bund, und Frauke Petry, die Bundesvorsitzende ist, sind erbitterte Widersacher. Erst kürzlich wollte Meuthen für Petry ein Hausverbot im Landtag von Baden-württemberg erwirken – und scheiterte. Ihr wird in Stuttgart von einigen vorgeworfen, sich permanent eingemischt zu haben,
Duell der Co-vorsitzenden
Der Schaden ist entstanden, weil Gedeons antisemitische Äußerungen auf Protest gestoßen waren. Meuthen musste sich in den vergangenen Monaten immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, dass er nicht genug dafür tue, dass seine Fraktion frei von antisemtischen und extremistischen Gedanken wird.
Den Bruch hat Meuthen mit weiteren zwölf Abgeordneten deshalb am Dienstag vollzogen. Petry drängte Gedeon zwischenzeitlich, die Fraktion zu verlassen. Der reagierte am Dienstagabend aber erst, als sich die Fraktion bereits gespalten hatte.
Die Lage ist verworren. Meuthen stellte klar, dass er und die zwölf anderen weiterhin die AFD im Stuttgarter Landtag vertreten wollen. Rechtlich aber kann es keine zwei Afd-fraktionen geben. Nun hat Meuthen angekündigt, dass er eine neue Fraktion names „Alternative für Baden-württemberg“im Landtag angemeldet hat.
Die Hintergründe der Eskalation könnten noch nicht überblickt werden, sagt derweil der Thüringer Landeschef Höcke, der seiner Partei im Übrigen empfiehlt, der Presse gegenüber zu schweigen. Was aber aus seiner Sicht schon klar ist: „Es geht nicht nur um den Fall Gedeon.“Höcke macht in der Landtagsfraktion in Baden-württemberg auch Aufbaufehler aus. Abgesehen davon: „Dass es zwischen Bundesvorstandsmitgliedern Konflikte gibt, ist ein offenes Geheimnis.“Nachdem Afd-gründer Lucke mit seiner und der Hilfe weiterer rechtskonservativer Politiker in der AFD geschasst wurde, kümmerte sich Meuthen zunächst um den verbliebenen Teil des liberalen Afdflügels und versuchte, ihn bei der Stange zu halten. Als das gelungen schien, wurde Meuthen zunehmend im Bundesvorstand aktiv – das wiederum soll Frauke Petry nicht gefallen haben.