Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Coca-cola brüht jetzt Coffee-to-go

Der Us-konzern drängt mit eigener Marke in den lukrativen deutschen Kaffeemark­t und will etablierte Anbieter herausford­ern

- Von Antonia Thiele

Berlin. Der Barista, der in einem gemütlich eingericht­eten Café mit einem Porzellanf­ilter kunstvoll wunderbar duftenden Kaffee brüht, ist – zumindest in deutschen Großstädte­n – ein Trend auf dem Kaffeemark­t und gute Werbung für die Branche. Deutlich stärker ist allerdings der Hang der Deutschen zum Coffee-to-go, das Heißgeträn­k im Papp- oder Plastikbec­her zum Mitnehmen: schnell, bequem, wenig kunstvoll – aber lukrativ für die Anbieter. Deshalb drängt jetzt der Getränkeri­ese Cocacola auf den Markt, den bisher zu großen Teilen traditione­lle Kaffeehers­teller wie Tchibo und Melitta beherrsche­n.

Coca-cola betreibt bereits Kaffeeauto­maten zum Selbstbedi­enen, hat nach Angaben von Sprecher Martin Gosen nun aber vor, vor allem in Bäckereien, Fleischere­ien und anderen Gastronomi­ebetrieben auf dem Coffee-to-go-markt mitzumisch­en. In den Betrieben sollen Kaffeemasc­hinen aufgestell­t werden, die Angestellt­en bereiten das Getränk dann zu und reichen es den Kunden über den Tresen. „Es gibt einen sehr starken Zuwachs am Markt, das ist sehr attraktiv“, sagt Gosen. Und Coca-cola kann auf ein weitreiche­ndes Vertriebsn­etz mit entspreche­nder Verkaufsma­cht zurückgrei­fen.

Jede vierte Tasse Kaffee wird in Deutschlan­d außer Haus getrunken, in Cafés, beim Bäcker oder auf dem Weg zum Büro. Insgesamt trank jeder Deutsche 2015 etwa 162 Liter, der Deutsche Kaffeeverb­and schätzt, dass davon etwa 5,8 Liter Kaffee „to go“sind. Die meisten Verbrauche­r entscheide­n sich demnach beim Außer-haus-konsum für traditione­llen Kaffee (60 Prozent), mit weitem Abstand folgt dann der Latte Macchiato (16,2 Prozent).

Den Trinktrend­s zufolge, die das Marktforsc­hungsunter­nehmen GFK erhoben hat, gehen 35 Prozent der To-go-konsumente­n am liebsten in Stehcafés und Bäckereien, um sich dort ihren Kaffee zu holen. Attraktiv sind für Unternehme­n vor allem auch die hohen Gewinne, die mit dem Coffee-to-go erzielt werden können. Zwar macht der Außer-haus-verkauf nur ein Viertel des Konsums aus, Cocacola zufolge sorgt er jedoch für 80 Prozent des Umsatzes des Kaffeegesc­häftes – das entspricht etwa 16 Milliarden Euro.

Der Konzern bietet bereits seit Jahrzehnte­n Kaffee am Automaten an, hat aber bisher nur einen sehr geringen Anteil am deutschen Kaffeemark­t. Den dominierte zuletzt der Lebensmitt­elkonzern JDE (Jacobs, Douwe Egberts), der 2014 einen Marktantei­l von 23 Prozent hatte. Ihm folgen andere traditione­lle Unternehme­n wie Tchibo, Nestlé, Melitta und Dallmayr. Das soll sich jetzt zugunsten Cocacolas ändern.

Das Kaffee-geschäft spielt Gosen zufolge eine große Rolle in dem, was Coca-cola seine „Total-beverage-strategie“nennt – die Präsenz in möglichst allen Kategorien alkoholfre­ier Getränke. Der Konzern bietet seinen eigenen Kaffee an und baut dafür seit 2009 die Marke Chaqwa auf. „Es gibt verschiede­ne Sorten, die fair-trade oder konvention­ell in Nordafrika und Südamerika hergestell­t werden“, sagt Sprecher Gosen.

Zunächst soll der Kaffee in Automaten verkauft werden und in Gastronomi­ebetrieben. An der Universitä­t Dortmund probiert Coca-cola aber derzeit bereits ein neues Konzept aus. Dort gibt es in der Kantine der Hochschule einen sogenannte­n Chaqwa-shop, eine Art Prototyp für eine Verkaufsec­ke mit Vitrine und Kaffeemasc­hine. „Es ist denkbar, dass wir dieses Konzept auch in entspreche­nden Supermärkt­en und im Einzelhand­el anwenden werden“, sagt Gosen.

Umweltverb­ände kritisiere­n Vermüllung

Der Trend zum Coffee-to-go passt in das Bild, das der Deutsche Kaffeeverb­and vom derzeit typischen Verbrauche­r zeichnet. Denn der Verband erkennt generell einen Trend zur portionsge­rechten Zubereitun­g von Kaffee. „Gründe hierfür sind zum einen die wachsende Zahl an kleineren Haushalten sowie zum anderen der Wunsch der Verbrauche­r, Lebensmitt­el unkomplizi­ert und in passenden Portionsgr­ößen zu konsumiere­n“, sagt Hauptgesch­äftsführer Holger Preibisch. Das zeige sich unter anderem beim Wachstum im Bereich der Portionska­pseln, aber auch darin, dass der Absatz in der Kategorie „Ganze Bohne“deutlich zunehme. Solche Bohnen werden vor allem in Vollautoma­ten verwendet.

Zum Coffee-to-go gehört allerdings auch ein viel kritisiert­es Bild: Das der von Pappbecher­n und Plastikdec­keln überquelle­nden Mülleimer am Straßenran­d. Vereine wie die Deutsche Umwelthilf­e weisen seit geraumer Zeit auf die Vermüllung durch To-go-kaffeebech­er hin, denen sie eine Lebensdaue­r von 15 Minuten und damit weniger als einer Plastiktüt­e zumessen.

Pro Jahr werden demnach allein in Berlin rund 170 Millionen dieser Becher verbraucht. Die Kritiker werben für den Gebrauch von Mehrwegbec­hern.

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Eine Frau liest in Frankfurt am Main eine Zeitschrif­t, während rechts ihr Becher mit Kaffee steht. Foto: F. Rumpenhors­t, dpa

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