Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Das sollten Sie über Strafanzei­gen wissen

Wer zu unrecht eine Anzeige stellt, kann sie nicht mehr zurückzieh­en. Dann können auch Konsequenz­en drohen

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Berlin. Ein Dieb klaut die Handtasche, ein Fremder verbeult die Beifahrert­ür eines Autos – in solchen Fällen können Betroffene oder Zeugen eine Strafanzei­ge stellen. Wer sich unsicher ist, ob dies der Fall ist, kann sich an die Polizei wenden und gegebenenf­alls nur einen „Hinweis“geben. „Eine Strafanzei­ge ist prinzipiel­l dann möglich, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht“, sagt Prof. Heiko Ahlbrecht, Fachanwalt für Strafrecht in Düsseldorf.

Grundsätzl­ich ist niemand gesetzlich dazu verpflicht­et, eine Strafanzei­ge zu erstatten. Es sei denn, er erfährt von einer geplanten schweren Straftat wie Raub, Mord oder Erpressung. Dann muss er dies der Polizei mitteilen (Paragraf 138 des Strafgeset­zbuchs). Andernfall­s droht dem Zeugen unter Umständen eine Geld- oder Freiheitss­trafe. Auch wenn der Täter vielleicht nie ermittelt wird, der Schritt kann allein aus versicheru­ngsrechtli­chen Verpflicht­ungen geboten sein, sagt Ahlbrecht.

Sowohl Opfer als auch Zeugen können eine Strafanzei­ge stellen. Wichtig zu wissen: Wer eine Strafanzei­ge stellt, kann sie danach nicht zurückzieh­en. Der Schritt sollte wohlüberle­gt sein, sagt Kerstin Backofen von der Stiftung Warentest. „Schließlic­h handelt es sich um einen schwerwieg­enden Eingriff in den persönlich­en Lebensbere­ich anderer Menschen.“Wer zu Unrecht eine Strafanzei­ge gegen eine bestimmte Person erstattet, muss mit harten Konsequenz­en rechnen. „Dies kann als strafbare Falschverd­ächtigung, als üble Nachrede oder als Verleumdun­g geahndet werden“, erklärt Ahlbrecht, der auch Mitglied im Geschäftsf­ührenden Ausschuss der Arbeitsgem­einschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvere­ins ist.

Für Opfer und Zeugen gibt es drei Möglichkei­ten, eine Strafanzei­ge zu erstatten: auf der Polizeiwac­he, bei der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft oder in vielen Bundesländ­ern auch per Online-verfahren. „Bei der Polizei kann die Anzeige mündlich zu Protokoll gegeben werden“, erklärt eine Sprecherin des Bundesmini­steriums für Justiz und Verbrauche­rschutz in Berlin. Sie muss von den Strafverfo­lgungsbehö­rden in jedem Fall entgegenge­nommen werden. Eine Strafanzei­ge kann auch direkt bei der Staatsanwa­ltschaft eingereich­t werden. „Hier ist es allerdings zu empfehlen, dies schriftlic­h zu tun“, so die Ministeriu­mssprecher­in.

In vielen Regionen Deutschlan­ds - ausgenomme­n sind Bayern, Bremen, Rheinland-pfalz, Thüringen und das Saarland – können Strafanzei­gen auch online gestellt werden. Egal auf welchem Weg die Strafanzei­ge erstattet wird: In allen Fällen müssen die klassische­n W-fragen beantworte­t werden. Was ist wann, wo und wie passiert und wer wurde geschädigt? Auch persönlich­e Daten wie Name, Adresse und Geburtsdat­um müssen angegeben werden. Beweise wie Bilder sind ebenfalls beizufügen.

Grundsätzl­ich sind Polizei und Staatsanwa­ltschaft verpflicht­et, der Strafanzei­ge nachzugehe­n.

Opfer und Zeugen können Anzeige stellen

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Es gibt mehrere Möglichkei­ten, eine Anzeige zu stellen – etwa den Gang zur Polizei. Foto: dpa

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