Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Zschäpe schwieg

Opferanwäl­te konnten gestern erstmals direkt Fragen an die Hauptangek­lagte stellen

-

München. Anwälte von Opfern des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“haben im Münchner Nsu-prozess zum ersten Mal direkt Fragen an die mutmaßlich­e Rechtsterr­oristin Beate Zschäpe gerichtet. Bisher hatte Zschäpe nur auf Fragen des Gerichts geantworte­t. Die Angeklagte hatte im vergangene­n Dezember ihr jahrelange­s Schweigen gebrochen und bestritten, in die Mord- und Anschlagsp­läne ihrer beiden mutmaßlich­en Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eingeweiht gewesen zu sein.

Das Verlesen der Fragen zog sich am Mittwoch über mehrere Stunden hin. Zschäpe antwortete zunächst nicht. Stattdesse­n notierte ihr Rechtsanwa­lt Mathias Grasel die Fragen. Auch die Richter-fragen des Oberlandes­gerichts hatte Zschäpe nicht spontan beantworte­t, sondern gesammelt und die Antworten erst Wochen später von ihrem Vertrauens­anwalt Hermann Borchert verlesen lassen.

Den Anfang machte Anwalt Sebastian Scharmer. Er fragte, ob Zschäpe selbst in die Städte gereist sei, in denen ihre mutmaßlich­en Komplizen Mundlos und Böhnhardt Menschen getötet oder Bombenansc­hläge verübt haben sollen. Dies waren Nürnberg, München, Köln, Rostock, Hamburg, Dortmund, Kassel und Heilbronn. Scharmer wollte von Zschäpe zudem wissen, ob sie von Reisen ihrer beiden Freunde in diese Städte gewusst habe, und ob ihr bekannt sei, wie die Opfer der zehn Morde ausgewählt worden seien.

Andere Fragestell­er erkundigte­n sich, was Zschäpe über Kontakte zu teils prominente­n Neonazis wusste, oder ob sie selber solche Kontakte unterhielt. Rechtsanwa­lt Yavuz Narin fragte Zschäpe, ob sie oder Mundlos und Böhnhardt während ihrer Zeit im Untergrund bezahlter Arbeit nachgegang­en seien.

Zschäpe schwieg, hielt aber Blickkonta­kt zu einzelnen Fragestell­ern. Zschäpe-anwalt Borchert ließ offen, ob die Fragen beantworte­t werden oder nicht. Allerdings werde es „Monate dauern“, den gesamten Fragenkata­log durchzuarb­eiten. dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany