Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Wenn der Enkel anruft und um Bares bittet: am besten auflegen
Immer wieder fallen Bürger auf die simplen Betrugsmaschen von Betrügern herein – die Polizei bietet Aufklärung an
Nordhausen. Am Mittwoch vergangener Woche klingelte gegen 9 Uhr bei einer 85-jährigen Frau in einem Dorf bei Sondershausen das Telefon. Sie dachte, es sei die Enkelin gewesen, berichtet die Seniorin drei Tage später in Begleitung ihrer Tochter auf der Polizeistation in Sondershausen. Die vermeintliche Angehörige gab an: Sie sitze bei einem Notar in Erfurt und brauche dringend viel Geld, und die Oma habe doch bestimmt etwas für sie. Hatte sie auch: 25 000 Euro in Scheinen. Die gutgläubige Rentnerin übergab kurze Zeit darauf das Geld einem fremden Mann, der mit der Beute spurlos verschwand.
Ähnliche Szenarios musste Oberkommissarin Fränze Töpfer schon oft in ihren täglichen Polizeiberichten für die Presse beschreiben. Immer wieder fallen – vorrangig ältere Menschen – auf die eigentlich leicht zu durchschauenden Betrugsmaschen herein und verlieren oftmals ihr gesamtes Erspartes. „Mal ist es ein Enkelkind, mal sind es Bekannte, entweder sitzen sie beim Notar oder haben Probleme mit der Eigentumswohnung – die Begründungen sind sehr vielfältig“, weiß die Nordhäuser Polizistin.
Richtig machte es im Januar eine Seniorin in Sondershausen. Als sie von einer vorgeblichen Enkelin am Telefon um 10 000 Euro angepumpt wurde, legte sie auf und rief ihr wahres Enkelkind an. Der Betrug flog auf.
Täter – egal ob der Coup glückt oder nicht – sind nur sehr schwer zu stellen, weiß Fränze Töpfer. Anfang Februar dieses Jahres konnte die Nordhäuser Kriminalpolizei in Sondershausen einen Betrüger festnehmen. Der 45-jährige Mann aus Nordrhein-westfalen war in die Musikstadt gereist, um ein Rentnerehepaar auszurauben.
Die Eheleute hatten einen Anruf von einem vermeintlichen Rechtsanwalt aus Frankfurt erhalten, der ihnen Forderungen aus einem Gewinnspielabo vorgaukelte. Dem Paar würden nun Pfändungen durch Gericht, Polizei und Staatsanwaltschaft drohen. Er erklärte sich bereit, sich der Sache anzunehmen. Die Rentner sollten ihr gesamtes Vermögen und die Wertsachen dem Mann übergeben. Sie gaben sich arglos, bis echte Polizisten vor der Tür standen und den Abholer verhafteten.
Die Eheleute wollten tatsächlich ihre gesamten Ersparnisse, mehrere tausend Euro, einem Wildfremden anvertrauen. Dem polizeilichen Erfolg gingen umfangreiche Ermittlungen der Kollegen in Nordrhein-westfalen voraus, die dann die Kollegen in Thüringen involviert und um Mithilfe gebeten hatten.
Nur einen Tag nach der Verhaftung versuchte übrigens ein weiterer Betrüger, mit derselben Masche einen Mann in Allstedt erfolglos zu überrumpeln.
„Wir können nur nochmals darauf hinweisen, dass Geldforderungen oder Pfändungen nie telefonisch, sondern immer schriftlich angekündigt werden. Außerdem führen Polizei und Staatsanwaltschaft keine Pfändungen durch. Im Zweifelsfall immer die Polizei verständigen“, resümiert Pressesprecherin Töpfer und verweist auf die Vielgestaltigkeit der bei der Polizei unter „Sonstiger Betrug“geführten Fälle.
Egal ob der unangekündigte Kontrolleur für nicht prüfpflichtige Rauchmelder in der Tür steht, Lederjacken günstig angeboten werden oder der Lotto-gewinn eben erst einmal eine gewisse Vorauszahlung zu seiner Einlösung bedarf, alle wollen oft nur das eine – die Ersparnisse der arglosen Bürger.
Reiner Stranz von der Polizeidirektion in Nordhausen bietet einen Vortrag zum Thema Trickbetrug an. Der Mitarbeiter der polizeilichen Beratungsstelle in Nordhausen geht gern in Klubs oder Vereine, in Städten wie in Dörfern. Dabei muss noch nicht einmal die nächste Kaffeerunde ausfallen, Stranz berät vor Ort auch in gemütlicher Runde. Das Angebot ist für die Gastgeber völlig kostenfrei. Und das ist garantiert kein Trick.
Polizei gelingt Verhaftung in Sondershausen