Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Ein Treff für alle
Gerald Müller über die ländliche Nahversorgung
Respekt für rüstige Rentner! Doch, wenn ein Senior mit 84 wegen mangelnder Nahversorgung einen Laden eröffnet, dann muss die Situation teilweise schon dramatisch sein. Und das ist sie nicht nur im Eichsfeld, sondern in vielen Regionen in Thüringen.
Immer mehr Menschen auf dem Land müssen einen hohen Aufwand betreiben, teilweise viele Kilometer fahren, um an Dinge des täglichen Bedarfs zu gelangen. Für Jüngere kein Problem, für Ältere schon. Zumal sie auch bei anderen wichtigen Dienstleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung teilweise abgeschnitten sind und dafür erst in die nächstgelegene größere Stadt müssen.
Andererseits sind solche Läden nicht einfach aus dem Boden zu stampfen und dann auch gewinnbringend zu führen. Denn sie müssen sich im täglichen harten Konkurrenzkampf mit Discountern behaupten. Die können durch die Mengen-rabatte oft niedrigere Preise anbieten. Daran wird sich auch in Zukunft kaum etwas ändern, was zugleich die Aussichten für die kleinen Läden in den kleinen Gemeinden nicht verbessert. Und die deutsche Politik will in diese Verdrängungs-prozesse der Marktwirtschaft anscheinend nicht eingreifen.
Also müssen die mutigen Unternehmer auf dem Land ein eigenes Konzept für das Überleben entwickeln. Und das kann wohl nur so aussehen, dass ein Tante-emma-laden ein soziales Zentrum für die Einwohner ist: Eine Stelle, an der sich die Menschen des Ortes treffen: mit integrierter Post, Bäckerei, Wäscherei oder Sparkasse. Und der Möglichkeit zu reden.
Ein Treff also für alle. Auch für rüstige Rentner