Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Freiheit – mehr als nur eine Worthülse
In Erfurt kümmert sich der Förderverein der Gedenkstätte Andreasstraße seit zehn Jahren um politische Bildung
Erfurt. Sie kommen zurück in das Gebäude des Schreckens. Gemeinsam sitzen sie wieder im Stasiknast. Allerdings sind die einstigen Zellen in der Andreasstraße jetzt Orte die mahnen, bilden und vor allem erinnern.
Ohne den Mut und die Entschlossenheit einiger Mitglieder des Vereins „Freiheit – Förderverein Gedenkstätte Andreasstraße e.v.“würde es diesen authentischen Ort nicht geben. Und dieser Verein feierte jetzt sein zehnjähriges Bestehen.
Die Vorsitzende des Vereins, Dorit Bause, war selbst politisch inhaftiert. Ebenso wie ihr Mann, Gerhard Bause, und drei weitere Freunde. Eine im Jahr 1988 unterzeichnete Protesterklärung, die von 38 Eichsfeldern unterschrieben wurde, brachte den Freunden längere Haftstrafen ein.
Emotional und mit persönlichen Erlebnissen eröffnet Dorit Bause die Festveranstaltung. Die Gründung des Vereins Freiheit steht im Fokus. Allerdings verweist die Vorsitzende auch auf einen Meilenstein aus dem Jahr 2009. „Es ist bedrückend, wenn ehemalige Häftlinge in die Hölle zurückkehren“, so Bause. Damit spielt sie auf die Besetzung der Untersuchungshaft und den Hungerstreik an. Die ehemaligen Inhaftierten und gleichzeitigen Vorstandsmitglieder kämpften für ein würdiges, öffentliches und individuelles Gedenken innerhalb der Bildungsund Gedenkstätte. Ein historischer Abriss: Die heutige Gedenkstätte war 37 Jahre die Untersuchungs-haftanstalt der Staatssicherheit. Nach der Besetzung im Dezember 1989 durch Bürgerrechtler, wurde das Gebäude von 1990 bis 2002 als Thüringer Justizvollzugsanstalt genutzt. Nur zwei Jahre später das Unvorstellbare: das Gebäude sollte abgerissen werden. Zwischen 2005 bis 2009 initiieren dann ehemals Inhaftierte verschiedene Projekte und Zeitzeugenführungen in der provisorischen Gedenkstätte.
Am 17. März 2007 wird Freiheit e.v., wie der Verein umgangssprachlich bezeichnet wird, ins Leben gerufen. „Der Name ist klug gewählt“, sagt Dorit Bause. Freiheit sei bedeutungsvoll und wichtig, allerdings nicht selbstverständlich. Gleichzeitig mahnt sie: „Wir dürfen uns aber auch heute nicht den Mund verbieten oder uns einschüchtern lassen. Das Hauptaugenmerk des Vereins liegt auf der politischen Bildung der Heranwachsenden. Für die Zeitzeugen bestehe die Arbeit darin, authentisch zu sein und in der Bereitschaft aus dem Leben offen erzählen zu wollen. Dabei sei es wichtig nicht zu moralisch zu sein, die Jugendlichen sollen sich ihr eigenes Bild machen können.
Der Höhepunkt der Festlichkeit ist ein Film von Lorenz Pagés. Dieser enthält originale Filmszenen aus den 90er Jahren und dokumentiert die Geschichte der Gedenkstätte und des Vereins sehr anschaulich. Im Wochenendjournal auf unserer Landkarte zu den schönsten Gärten waren Veranstaltungsort und -zeit für den Erfurter Blumenund Gartenmarkt falsch angegeben. Der Markt findet vom 12. bis 14. Mai auf dem Domplatz Erfurt statt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.