Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Aufgelöste Gemeinden können nichts mehr regeln
Innenstaatssekretär Udo Götze warnt Kommunen. Nur bei freiwilligen Zusammenschlüssen gibt es Geld
Erfurt. Tatenlosigkeit in der Freiwilligkeitsphase kommunaler Zusammenschlüsse ist nicht im Interesse der Bürger. „Wer zu spät kommt, den bestraft auch hier das Leben“, bemühte Udo Götze gestern im Landtag das berühmte Gorbatschow-zitat.
Der Staatssekretär des Spdgeführten Innenministeriums warb in einer Aktuellen Stunde des Landtags dafür, die bis 31. Oktober geltende Frist für Anträge auf freiwillige Neugliederungen zu nutzen. Gemeinden würden sonst „bares Geld verschenken“, sagte Götze mit Verweis auf die 155 Millionen Euro, die für Strukturhilfen bereitstehen.
Aber eben nur für jene Gemeinden, die von sich aus größere Einheiten bilden. Der Staatssekretär warnte vor weiteren Nachteilen eines späteren Zwangszusammenschlusses. So könne nur jetzt in der Freiwilligkeitsphase mit den künftigen Partnern darüber verhandelt werden, ob bestehende Verträge der Gemeinde mit Dritten oder Finanzierungsvereinbarungen mit ortsansässigen Vereinen Bestand haben sollen. „Eine aufgelöste Gemeinde kann keine Verträge mehr abschließen“, verdeutlichte Götze die Folgen für alle, die einfach nur abwarten.
Abgeordnete der Koalitionsfraktionen warfen der oppositionellen CDU destruktives Verhalten vor. Sie schreibe Briefe an Städte und Gemeinden, in denen zum Nichthandeln geraten wird. „Das ist nicht in Ordnung. Hören Sie auf mit Ihrer Panikmache“, forderte Grünenfraktionschef Dirk Adams die Christdemokraten auf.
Wolfgang Fiedler (CDU) hielt dagegen. Seine Partei werde sich nicht vorschreiben lassen, was sie äußert und wann, sagte der Ostthüringer Innenpolitiker. Er persönlich sage verunsicherten Bürgermeistern und Gemeinderäten: Ihr habt noch Zeit bis Ende Oktober. Falls die Gebietsreform vorher vom Verfassungsgericht gekippt werde, sei „der ganze Spuk vorbei“.
Nach Auskunft des Innenministeriums hätten inzwischen etwa 70 Prozent der Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften das Beratungsangebot des Ministeriums genutzt. Staatssekretär Götze schlussfolgert daraus, dass der größere Teil der Thüringer Gemeinden in der Freiwilligkeitsphase zu neuer Struktur finden werde. Wie viele Anträge komplett mit dazugehörigen Ratsbeschlüssen schon vorliegen, sagte er nicht. Frank Kuschel (Linke) sprach von 20 Neugliederungsfällen mit insgesamt über 80 Gemeinden, die Anträge auf Fusion per Gesetz zum 1. Januar 2018 gestellt hätten.
Ein zweites Neugliederungsgesetz soll freiwillige, aber auch alle Zwangszusammenschlüsse aufnehmen und Ende 2018 in Kraft treten. Damit wären die Kommunalwahlen 2019 in neuen Strukturen gesichert.