Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Den Meisterfälschern auf der Spur
Raffinierte Tricks und subtile Analysen: Kunstsachverständige aus ganz Deutschland treffen sich zum Fachforum ihres Verbandes in Weimar
Weimar. Ein ganztägiges Fachforum zum Thema Kunstfälschungen veranstaltet morgen der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter Kunstsachverständiger (BVK) im Goethe- und Schiller-archiv Weimar und wartet mit renommierten Experten auf. Zu den Referenten zählen Professor Wolfgang Holler, Direktor Museen der Klassik-stiftung, Ernst Schöller vom LKA Stuttgart und der im Kontext der Gurlitt-affäre tätige Anwalt Louis-gabriel Rönsberg aus München. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nicht gebührenfrei, sondern mit 245 Euro, wie der Weimarer Bvk-vizevorsitzende Rüdiger Wiese befindet, dem Thema angemessen.
Vor allem die Frage, wie man Fälschern auf die Schliche kommt, befasst die Fachleute in Weimar. Es sei zumeist eine „eigenartige Gemengelage“, ein regelrechtes System aus Museumsleuten, Galeristen, Auktionatoren und Sammlern auf der Jagd nach Kunstsensationen, das immer wieder zu Fälschungen anrege. Dass Gutachter dabei mitunter ebenfalls fragwürdige Rollen spielen, negiert Wiese keineswegs; nur sei, wie er sagt, bei unabhängigen Fachleuten die Gefahr, von äußeren Faktoren fehlgeleitet zu werden, durchaus geringer.
Klar, etwa in der Beltracchi-affäre stößt man auf geradezu „typische“Mechanismen. Aufgeflogen ist der selbsternannte Meisterfälscher nicht zuletzt, weil er für angebliche Gemälde der klassischen Moderne ein chemisch unzeitgemäßes Bleiweiß verwendete. So wie Konrad Kujau, der Autor der vermeintlichen Hitler-tagebücher, anhand des Bleichmittels im Papier überführt wurde. Naturwissenschaftliche Analysemethoden wie Infrarot-, Röntgenaufnahmen und Spektroskopie liefern heute maßgebliche Indizien über die Echtheit von Kunstwerken. Völlig sicher könne man trotzdem nicht sein, sagt Wiese. So berichtet er, dessen Schwerpunkt in der Metallkunst des 19. bis 21. Jahrhunderts liegt, dass gerissene Fälscher antiker Bronzen zeitgenössische Münzen einschmölzen, damit die benutzte Legierung einen korrekten chemischen Fingerabdruck trage. Auch bei Malern wie Cranach und Rembrandt helfe die Naturwissenschaft oft nicht weiter, weil schon zu Lebzeiten ihre Bilder nach übler Lust oder guter Laune kopiert und gefälscht wurden.
Manchmal erscheinen ohne Falsch und Arg gefasste Nachbildungen legitim und haben eigenen Wert: „Sind falsche Originale echte Kopien?“betitelt Wolfgang Holler hintersinnig seinen Vortrag; Wiese erinnert: „Im 19. Jahrhundert waren großartige Kopisten in Rom bei Adelshäusern und betuchten Bürgern in Deutschland begehrt, sie mit Kopien von Meistern wie Raffael zu versorgen.“Sie handelten in der Regel im Wissen der Käufer, so dass von justiziabler Täuschung keine Rede sein konnte.
Die Hauptaufgabe der Gutachter sei es, so Wiese, Sicherheit dessen, was auf dem Markt angeboten wird, herzustellen. Die kunsthistorische Stilanalyse gehört dann auch immer mit dazu. Dass etwa ein Beltracchi heute legal arbeitet und seine obskure Prominenz nutzt, um Bilder mit eigener Signatur im Stil früherer Meister anzufertigen und teuer zu verkaufen, erfüllt Rüdiger Wiese trotzdem mit Zorn: „Ich finde es bedenklich“, sagt er, „aber das hat mit der Eventisierung zu tun, dass diese Art zu arbeiten so wertgeschätzt wird.“Letztlich spreche die Vorgehensweise nur dafür, dass Beltracchi als Maler eben über keinen eigenen Stil, keine eigene Handschrift verfüge. – Mehr als 60 Teilnehmer haben sich bereits zum Weimarer Bvk-fachforum angemeldet.
Morgen, - Uhr, Petersen-saal des Goethe- und Schiller-archivs Weimar