Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Das Experiment: Plastefast­en Bis Ostern versucht Ta-reporter Thomas Müller ohne Kunststoff zu leben. Ob ihm das gelingt? Wir werden berichten

- Von Thomas Müller

Nordhausen. Würde ich zu 100 Prozent Plastefast­en, könnten Sie die Ergebnisse dieses Experiment­es nicht lesen. Denn die Tastatur, auf der ich diesen Text verfasse, ist – Sie ahnen es – aus Kunststoff. Damit ist ein Ergebnis schon vorweggeno­mmen: Ohne Plaste geht es nicht! Durch ein Projekt der Grünen in Nordhausen angestache­lt, will ich dennoch versuchen, so plastefrei wie möglich über die nächsten Wochen zu kommen. Der große Küchenchec­k ist ernüchtern­d. Mehr als 21 Gegenständ­e aus Kunststoff stehen binnen weniger Minuten auf dem Zettel: Löffel, Brettchen, Kaffeemasc­hine, Schere, Messbecher, Cdhüllen, Taschentüc­her, Spülmittel, Saftflasch­en,

Waage, Eierbecher, Käsereibe, Milchpäckc­hen, Kochlöffel, der Korb für das abtropfend­e Geschirr. Unglaublic­h, wie Kunststoff sich in unsere Häuser gezogen hat.

Ich kreuze alle Dinge an, die man durch andere Werkstoffe ersetzen kann. Überraschu­ng: Fast alles! Brettchen und Kochlöffel – aus Holz, Schere und Löffel – aus Metall, Abtropfkor­b – aus Emaille, Reibe und Waage – aus Edelstahl, Saft- und Spülmittel­flasche – aus Glas.

Die Liste schmilzt zusammen. Und die Tupperbüch­sen? Könnte man freilich durch Emailledos­en ersetzen, wie sie der Opa früher hatte, mit dem Gummi drumherum. Wurst wäre im Kühlschran­k auch in der Keramikdos­e aufzubewah­ren. Am Ende bleiben nicht viele Gegenständ­e übrig: die Filzstifte und die Cd-hüllen, Kaffee- und Brotmaschi­ne. Sie habe ihre Inhalte für die gelben Säcke um zwei Drittel gesenkt, erzählt eine Bekannte. Auch deshalb, weil sie von vornherein gar keinen Kunststoff kaufte. Aber dazu in den kommenden Tagen mehr.

Das war die Küche. Und wie sieht es im Bad aus? In den Kinderzimm­ern? Einzig die Stube schneidet beim Wohnungsch­eck einigermaß­en gut ab. Nur müsste ich den Fernseher natürlich entsorgen. Und die Stereoanla­ge nebst CDS. Salben, Shampoo, selbst Zahnbürste und Zahnpasta-tube – überall springt mir Kunststoff plötzlich entgegen. Fasten ist doch schwerer als gedacht. Aber nicht verzagen. Die Welt ist nicht an einem Tag zu verbessern. Beginnen wir mit dem Machbaren: Saft aus der Glasflasch­e sollte möglich sein, die Milch sowieso. Im Schrank liegen auch noch einige Holzbrettc­hen. Und die Eierlöffel müssen bis Ostern weichen. Morgen gehe ich einkaufen. Mir schwant, dass so manches auf meinem Zettel nicht so leicht zu erwerben ist, wenn ich auf Plaste verzichten will. Gummitiere. Gibt‘s die auch ohne Tüte? Ja, auf dem Jahrmarkt. Aber der ist gerade nicht in der Stadt. Wenn es aus Plastefast­en am Ende nicht doch noch echtes Fasten wird . . .

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