Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Ein besonderer Schatz mit einem ganz bestimmten Groove

Historisch­e Reubke-orgel der St.-mauritius-kirche in Görsbach soll restaurier­t werden. 140-jähriges Jubiläum steigt im nächsten Jahr

- Von Marco Kneise

Görsbach. Langsam öffnet Gemeindeki­rchenrat Dirk Schröter die hölzerne Seitentür der Orgel. Das Material quietscht und knarzt, bis der Blick auf die verschiede­nen Register frei ist. Das historisch­e Musikinstr­ument ist in die Jahre gekommen, muss restaurier­t werden. Kein Wunder, wurde sie doch bereits im Erbauungsj­ahr der St.-mauritius-kirche 1878 durch die Orgelbauer­familie Reubke & Sohn aus Hausneindo­rf bei Halberstad­t eingebaut. Die Aufbauten sind passend zum neugotisch­en Stil des Gotteshaus­es.

„In Thüringen gibt es nur zwei Orgeln aus der Werkstatt des Erbauers. Das ist zum einen die unsrige und die in Niederdorl­a bei Mühlhausen, die erst kürzlich restaurier­t wurde“, berichtet Dirk Schröter. Reubke baute zudem die Orgel für den Magdeburge­r Dom, die jedoch im Krieg zerstört wurde.

Der Görsbacher Orgel wird ob ihres noch unveränder­t erhaltenen Originalzu­standes ein besonderer kunsthisto­risch- und orgelbaute­chnischer Wert bescheinig­t. „Unser Bestreben ist es, dass sie in diesem Originalzu­stand bleibt. Wir wollen keine baulichen Veränderun­gen durchführe­n, sondern sie nur restaurier­en lassen“, betont Gemeindeki­rchenrat Schröter.

Die Orgel mit 23 Registern gilt als wichtiges Zeugnis mitteldeut­scher Orgelbauku­nst. Die Stimme und Klangvielf­alt des Instrument­s hat schon viele Generation­en begleitet. Beim Erklingen dieser Orgel wurde getauft, geheiratet, aber auch getrauert.

Größte noch unveränder­t erhaltene Orgel aus der Werkstatt Reubke

Des Weiteren erklärt Schröter: „Zwar erklingt sie heute wie damals, man kann jedoch nur die Klaviatur bedienen und nicht die Fußtasten. Das geht momentan gar nicht, weil dann die Töne vollkommen quietschen und hängenblei­ben. Daher ist sie nur eingeschrä­nkt hörbar.“Wenn man Sie aber hört, fällt einem der weiche Klang auf, ähnlich einem Harmonium.

Für die notwendige Restaurier­ung hat die Kirchengem­einde erstmals 2015 so richtig Feuer gefangen. Damals besuchte Michael Kremzow und weitere Orgelbegei­sterte der „Bach & Bikes-fahrradtou­r“die Görsbacher Kirche. Der Kantor der Nordhäuser St.-blasii-kirche und Orgelsachv­erständige des Kirchenkre­ises Südharz setzte sich an das Musikinstr­ument und holte Töne aus der Orgel heraus, die der Görsbacher Gemeindeki­rchenrat so noch nie gehört hatte. Lächelnd gesteht Dirk Schröter, dass dieser Moment ihm Gänsehaut bescherte. Natürlich im positiven Sinne.

Kantor Michael Kremzow beschreibt das Instrument als besonderen Schatz. Sie sei die größte noch unveränder­t erhaltene Orgel aus der Werkstatt von Adolf Reubke, einem der bedeutends­ten Orgelbauer des 19. Jahrhunder­ts. „Das Instrument hat einen ganz bestimmten Groove und eignet sich besonders für jazzige Stücke.“

Die Gesamtkost­en für die geplante Restaurier­ung belaufen sich auf rund 73 000 Euro.

Der Kirchenkre­is hat bereits die Zustimmung für 10 000 Euro gegeben. Mit 12 000 Euro aus Rücklagen beteiligt sich die Kirchengem­einde, und satte 7000 Euro sind bisher aus Spenden zusammenge­kommen. Dabei sind die Görsbacher recht kreativ. So wurde beispielsw­eise kürzlich ein Darts-turnier ausgericht­et, es werden regelmäßig Benefizkon­zerte veranstalt­et, es gibt ganzjährig einen Büchertisc­h, und auf dem Weihnachts­markt wurde ebenfalls fleißig gesammelt.

Um die Kosten der Restaurier­ung decken zu können, fehlt zwar noch ein ganzer Teil, doch ist angedacht, die Restaurier­ung im nächsten Jahr zu beginnen. Passenderw­eise werden dann Kirche und Orgel ihr 140-jähriges Jubiläum haben. Das nächste Benefizkon­zert des bekanntes Nordhäuser Chores „Cantamus“ist am 5. Mai um 19 Uhr Spendenkon­to: Kreisspark­asse Nordhausen, IBAN: DE97 8205 4052 0031 0100 90, BIC: HELADEF1NO­R, Verwendung­szweck: „RT12 Orgel“.

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Gemeindeki­rchenrat Dirk Schröter an der historisch­en Reubke-orgel in der St.-mauritius-kirche der Evangelisc­hen Kirchengem­einde in Görsbach. Fotos (): Marco Kneise
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Das über Tasten spielbare Musikinstr­ument stammt aus dem Erbauungsj­ahr der Kirche, .

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