Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
In Neuseeland das Töpfern entdeckt
Kerstin Wiegandt heißt die neue Töpferin in Niedersachswerfen. Ihr Markenzeichen ist ein Dekor mit Punkten
Niedersachswerfen. Was hat sie in diesem Keller des mehr als 100 Jahre alten Hauses geackert: den alten Putz abgeschlagen, neuen aufgebracht, die Wände in frischen Farben neu gemalert. Aus der Waschküche wurde ihre Töpferwerkstatt. In einem noch kleineren Raum stehen nun die Regale mit dem, was ihre Hände geschaffen haben: vor allem weiß glasierte Gebrauchskeramik mit zarten Mustern in frischen Farben, oft mit erhabenen Punkten.
Unter dem Label „Early bird. reine Formsache“vermarktet Kerstin Wiegandt ihre Produkte.
Früher Vogel? Kerstin Wiegandt, neben dem Ilfelder Töpfermeister Klaus Lindner nun die Zweite dieses Metiers in Harztor, lächelt. Sie erzählt vom Schichtbeginn um 6 Uhr, dem Alltag ihrer Zeit in Bürgel. Sie hielt die dreijährige Töpferlehre durch – schuf sich damit vor einem knappen Jahrzehnt die Grundlage für eine ganz neue berufliche Existenz.
Nötig war das nicht, als medizinisch-technische Assistentin hatte sie nach dem Abitur in Sondershausen einen Job mit guten Zukunftsaussichten.
Aber Kerstin Wiegandt geht es nicht nur um die wirtschaftliche Sicherheit: „Etwas mit den eigenen Händen zu schaffen; am Ende des Tages zu sehen, was man gemacht hat“, das habe sie am Töpfern gereizt, sagt sie.
Weit weg, in Neuseeland, kam sie mit diesem Handwerk das erste Mal in Berührung, durch Zufall. Sie hatte zweieinhalb Jahre in ihrem medizinischen Beruf in Hamburg gearbeitet, als sie sich mit einer Freundin entschloss, ein Jahr etwas anderes sehen zu wollen. Work & Travel also. So wie sie auf der fernen Insel Äpfel pflücken halfen, arbeiteten die beiden jungen Frauen dort auch in drei Töpferwerkstätten mit. Die Leidenschaft war geweckt. Wieder in Deutschland, heuerte Kerstin Wiegandt zunächst auf Sylt bei einer Töpferei an, doch sie blieb nur wenige Monate: „Mir war es zu einsam auf der Insel.“
Die Bewerbung in Bürgel war erfolgreich, und als sie sich Töpfergesellin nennen durfte, war der Weg zur eigenen Töpferei frei. Im Jahr 2010 richtete sie sich eine solche in Neuheide ein. Hier wohnen die Eltern, ein früherer Schweinestall war frei. Existenzängste, denkt sie zurück, hätten sie wieder und wieder geplagt, vom Töpfern wird man selten reich.
Aber sie hielt an ihrem Ideal fest, auch nach der Geburt ihres Sohnes Carson vor zwei Jahren. Weil die Familie mehr Platz brauchte, stand der Umzug nach Niedersachswerfen an: „Durch Zufall stieß ich im Internet auf dieses Haus“, berichtet die 39Jährige, wie sie hierher kam.
Eine hohe Mauer schirmt den großzügigen Garten und Grundstück vom Verkehrslärm der nahen Bundesstraße ab, darauf alte Obstbäume und Sträucher. Trifft man hier Kerstin Wiegandt, spürt man, wie sehr der neue Ort schon Zuhause geworden ist, wie wohl sie sich fühlt. Einen Ausstellungsraum will sie noch schaffen. Bislang hat sie noch keine festen Öffnungszeiten. Wer etwas kaufen will, sollte bei ihr anrufen. Oder er trifft die Töpferin auf einem Markt im mitteldeutschen Raum.
Kerstin Wiegandt hat ihre Werkstatt in der Albert-kuntzstraße . Sie ist erreichbar unter Tel.