Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Kein Notstand für Sammler
Zum Internationalen Museumstag fand Kautabak-börse im Tabakspeicher statt. Die gibt es nur in Nordhausen
Nordhausen. „Bei vielen Kautabak-nutzern ist der Notstand ausgebrochen. Seitdem im vergangenen Jahr die letzte noch existierende Firma in Witzenhausen für immer ihre Tore geschlossen hat, erhalten die Tabakfreunde nicht mehr die kleine Priem, die sie gewohnt waren“, sagt Dieter Schadowski.
Der 77-jährige Karlsruher ist der Initiator der Nordhäuser Kautabakbörse, die jedes Jahr zum Internationalen Museumstag im Museum Tabakspeicher stattfindet. Bei der Börse, die es bundesweit nur in der Rolandstadt gibt, gehe es aber natürlich nicht um den Priem, sondern um die vielen wertvollen Töpfe und Zubehörteile, die die Sammler ihr eigen nennen und in Nordhausen zum Tausch oder Verkauf anbieten.
Am Sonntag waren ein Dutzend Sammler nach Nordhausen gekommen. Sie stammen aus dem gesamten Bundesgebiet, etwa aus der Eifel oder aus Niedersachsen. Die Thüringer Fahne halten Volker Kohl und Paul Schierholz aus Nordhausen sowie die Brüder Olaf und Lars Mattern aus Mühlhausen hoch. „Unser Kreis hat sich zuletzt neu formiert, denn es sind einige junge Sammler dazugekommen“, verweist Dieter Schadowski auf die Tatsache, dass das Sammeln von Kautabaktöpfen nicht nur etwas für ältere Semester ist.
Das Treffen diene vor allem dem Informationsaustausch. „Was gibt es für neue Töpfe, wie steigt oder fällt ihr Wert, sind Fragen, die uns beschäftigen“, verdeutlicht der Sammler.
„In Zeiten des Internets wird es immer schwieriger. Der Preisverfall für häufig auftretende Artikel ist schon immens“, hat der Nordhäuser Volker Kohl beobachtet. Seltene Stücke würden dagegen im Wert ansteigen.
Kohl sammelt alles, was mit Reklame zu tun hat. „Werbeschilder, Bier- und Schnapsgläser, alte Postkarten und natürlich alles, was mit Kautabak zu tun hat“, zählt er auf. Dabei sei man vor allem auf Kommissar Zufall angewiesen, um an seltene Stücke heranzukommen.
Ein solches präsentiert voller Stolz der Mühlhäuser Sammler Olaf Mattern: Einen Topf aus den 1860er-jahren der Nordhäuser Firma Hendress & Schumann. Seinen Wert schätzt er auf etwa 1000 Euro.
Nordhausen war einst Marktführer
Was heute viele nicht mehr wissen: Nordhausen war bis 1945 Marktführer bei der Kautabakherstellung. Firmen wie Hanewacker, Grimm & Triepel oder Kneiff hatten sich der Kautabakproduktion verschrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg brach allerdings der Markt für Kautabak völlig ein und die Zigarette begann ihren Siegeszug.
„In Nordhausen hat nach 1945 nur noch die Nortak den Priem produziert. Mit der Übernahme durch Reemtsma im Jahr 1992 endete die Herstellung völlig“, so der Nordhäuser Historiker Hans-jürgen Grönke.