Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Karl Marx als Mängelware
Karsten Jauch
Während der Erfurter Stadtrat morgen über die Annahme eines Geschenkes abstimmt, hat die Stadt Trier das schon hinter sich. In Erfurt geht es um die Statuen des heiligen Bonifatius, der Erfurt gegründet hat, und von Martin Luther, der hier studiert hat und nach seiner Romreise zum Lutheraner wurde. Sie sind ein Geschenk der Rotarier und sollen in der Fassade im Rathaus aufgestellt werden. In Trier ging es um ein Geschenk der chinesischen Regierung – eine 5,50 hohe Meter Statue von Karl Marx, die zum 200. Geburtstag des Philosophen im nächsten Jahr in seiner Heimatstadt aufgestellt werden soll.
In beiden Städten ist die Abstimmung über die weltberühmten Persönlichkeiten ideologisch motiviert. Da wurden und werden Argumente aus dem 20. Jahrhundert aufgebläht, als ob es Aufklärung und Mauerfall nie gegeben hätte. In Erfurt kommt ein antiklerikaler Reflex hinzu, der an die Bilderstürmerei der 1950er-jahre erinnert.
In Trier hat der Stadtrat im März für die Annahme der Statue gestimmt. Doch jetzt hat die „New York Times“die Gabe aus dem Osten unter die Lupe genommen und sich in der Volksrepublik China nach den Argumenten erkundigt. Die Analyse wurde am Sonntag veröffentlicht. Demnach gibt es zwei Stimmungen, die die Debatte beherrschen. Die Statue soll den Funken der Revolution im kapitalistischen Deutschland neu entfachen, einerseits. Andererseits sei die Statue ein symbolischer Akt: Marx’ Theorie des Klassenkampfes hatte auf China negative Auswirkungen und werde nun wie Mängelware an den Hersteller schickt. Das gescheiterte philosophische Experiment geht zurück zu Karl Marx, was heißen soll: Wir glauben nicht daran.
Wenn selbst die Chinesen den ideologischen Kampf aufgeben, warum geht das nicht im Erfurter Stadtrat? Oder befürchten sie den Funken Luthers?
USA verbieten Grenz-konzert
Dresden. Die Dresdner Sinfoniker dürfen am 3. Juni nicht wie geplant auf beiden Seiten der Grenze zwischen den USA und Mexiko auftreten. Us-amerikanische Behörden hätten den Auftritt mit Verweis auf Sicherheitsbedenken und den Vogelschutz in dem Gebiet untersagt, teilte Intendant Markus Rindt am Montag in Dresden mit. Nun werde das Konzert mit rund 100 Künstlern nur auf mexikanischer Seite stattfinden: „Die Us-amerikanischen Musiker müssen dann wohl nach Mexiko einreisen.“Ursprünglich sollte das Konzert im mexikanischen Tijuana und in San Diego in den USA stattfinden. Dabei sollten Musiker auf beiden Seiten der Grenzanlagen voneinander getrennt und doch gemeinsam musizieren. (epd)