Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Ein Freigeist in Nordhausen
Ausstellung zu Eduard Baltzer, dem Begründer der Jugendweihe, noch bis zum 12. Juli zu sehen
Nordhausen. In diesem Jahr erinnert die Stadt Nordhausen an den namhaften Bürger, Stadtverordneten, Pfarrer, Begründer der Vegetarier-bewegung und der Jugendweihe, Eduard Baltzer. Er wurde am 24. Oktober 1814 in Hohenleina, Sachsen, geboren und verstarb vor 130 Jahren am 24.Juni 1887 in Grötzingen bei Durlach.
Eduard Baltzer kam 1845 nach Nordhausen – nachdem er sich als Pastor Primarius an der Stadtkirche St. Nikolai – bewarb. Der Mehrheit der Gemeinde wählte ihn am 6. Oktober 1845 zum Pastor Primarius, aber das Königliche Konsistorium lehnte ab. So kam es am 2. Januar 1847 in Nordhausen zur Gründung der „Freien protestantischen Gemeinde“, die bereits im Sommer 1847 auf über 1000 Anhänger angewachsen war.
Im Mai 1847 wurde Eduard Baltzer zum Stadtverordneten gewählt, was für sein hohes Ansehen und das der Nordhäuser Gemeinde spricht. Er setzte sich für den Bau von Wasserleitungen, den Ausbau des Realgymnasiums und den Anschluss Nordhausens an das Eisenbahnnetz ein. In Nordhausen wurde 1847 der Verein aller Freien Gemeinden Deutschlands gegründet und Eduard Baltzer zu seinem Vorsitzenden gewählt.
In dieser Funktion prägte er deutschlandweit erstmalig 1852 den Begriff der „Jugendweihe“. Er wurde 1848 in das Vorparlament in Frankfurt am Main berufen und vertrat als Abgeordneter Stadt und Kreis in der Preußischen Nationalversammlung in Berlin. 1851 eröffnete die Freie Gemeinde den ersten preußischen Kindergarten nach Fröbelschen Regeln.
Das Wirken von Eduard Baltzer machte Nordhausen in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und bis Anfang des 20. Jahrhundert zu einer linksliberal und demokratisch geprägten Stadt, die als „Stadt des Freisinns“bezeichnet wurde. Durch sein soziales Engagement angeregt, setzte er sich für eine gesunde Lebensweise ein und gründete 1867 in Nordhausen den „Verein für natürliche Lebensweise“.
Damit ist Nordhausen Gründungsort der Vegetarier-bewegung. Aus Anlass seines 70. Geburtstages wurde Baltzer 1884 zu seinem Ehrenpräsidenten ernannt. Auch als Schriftsteller hinterließ er einige Werke. Für sein Wirken hat die Stadt Nordhausen eine Straße nach ihm benannt und ihm einen Brunnen gewidmet, der 1945 bei den Bombenangriffen zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Im Museum Flohburg gestaltete 2015 Peter Kuhlbrodt dem berühmten Nordhäuser mit Unterstützung des damaligen Fördervereins des Museums eine Sonderausstellung mit dem Titel „Eduard Baltzer – Ein Nordhäuser Freigeist. Vegetarier – Jugendweihe – Kindergarten“.
Die Ausstellung ist noch bis . Juli in der Volkshochschule Nordhausen zu besichtigen.