Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Fischer-art kommt nach Bleicherod­e

Leipziger Künstler soll alten Spänesilo auf dem früheren Gelände der Harzer Stielwerke bemalen. Über seine Ideen spricht die TA mit ihm

- Von Kristin Müller

Bleicherod­e. In Leipzig kommt man an Michael Fischer-art nicht vorbei. Mehrstöcki­ge Häuser, etwa direkt gegenüber dem Hauptbahnh­of, hat er mit seiner Kunst förmlich übersät. Nun will der Künstler auch im Südharz aktiv werden. Im Visier hat er unter anderem einen alten Spänesilo. Er ist das einzige Relikt der Harzer Stielwerke und soll inmitten eines neuen Wohngebiet­es erhalten bleiben.

Wie fanden Sie nach Bleicherod­e?

Vor einigen Monaten gab es die Ausstellun­g „Kunst im Keller“im Kunsthaus Meyenburg. Ich stellte einige meiner Fassadenku­nstwerke vor, und am Rande kam ich mit dem Bleicheröd­er Bürgermeis­ter ins Gespräch.

Nun wollen Sie Ihre Kunst am Bau auch nach Bleicherod­e bringen. Ist Ihnen die Stadt zu wenig bunt?

Es ist eine wunderschö­ne Stadt, in den Fachwerkst­raßen liegt Potenzial. Aber auf dem Feld, speziell an diesem alten Spänesilo, könnte die Stadt ruhig etwas Farbe vertragen. Sichtbeton, dieser Bauhaus-wahn, ist nicht das, was der Mensch braucht. Die Menschen sind nicht dafür gemacht, auf eine graue Wand zu schauen. Ich bin mir sicher: Wenn auf diesem Gelände erst einmal ein Hingucker da ist, erschließt sich der Raum selbst, ziehen auch Leute dorthin.

Was haben Sie vor?

Ich sehe es als meinen Auftrag an, jeden Quadratmet­er Sichtbeton zu gestalten. Das mache ich seit 20 Jahren in vielen Städten, mein erstes Objekt war der neue Hörsaal an der Dresdner Universitä­t: 2500 Quadratmet­er waren es. Jetzt geht es etwa um ein Zehntel dieser Fläche.

Wie gehen Sie mit diesem „leeren Blatt“in der Landschaft um? Wird sich auch die Stadt selbst widerspieg­eln?

Es gibt einen groben Entwurf. Danach greife ich das frühere Sägewerk wie die Wohngebiet­sidee auf, lasse aus einer Maschine wie einst Sägespäne ganze Familien und Häuser purzeln. Sie bringen Leben auf die brache Fläche.

Aber diese grundsätzl­iche Entwurfsid­ee ist das eine. Wenn ich auf dem Gerüst stehe, nehme ich natürlich auch auf, was um mich herum passiert und setze es um.

Mit welchen Farben arbeiten Sie?

Mit Acrylfarbe­n, das hält mindestens 50 Jahre. Weil diese dafür aber mindestens zwei Stunden trocknen muss, ist die Kunst am Bau ein Saisongesc­häft von Mai bis Oktober. Weil ich mich dabei nach dem Wetter richten muss, stand ich auch schon sonntags stundenlan­g auf dem Gerüst an einem 15-Geschosser in Neubranden­burg. Polizisten hielten mich zunächst für einen illegalen Graffiti-sprayer. Aber diese Kids haben doch gar nicht die Zeit wie ich für Grundierun­g, Trocknungs­phasen, erneuten Farbauftra­g.

Der Künstler

Michael Fischer-art, 1969 in Leipzig geboren, ist seit 1997 freischaff­end, nachdem er an der Hochschule für Grafik und Buchkunst studiert hatte. Er bemalte unzählige große Gebäude, darunter 2016 das Seehotel Templin mit einer 12 400 Quadratmet­er großen Fassade, einen Elfgeschos­ser in Neubranden­burg und das Kulturhaus Leipzig im Ural. Ein Deckengemä­lde schuf er im Leipziger Westbad.

Sie haben auch schon als Maurer und Maler gearbeitet. Inwiefern nützt das dem Künstler Fischer-art?

Ich kann ein Kreuzgewöl­be ohne Schalung mauern, ja. Das Handwerk nützt mir sehr: Ich weiß die Oberfläche­n einzuschät­zen, weiß, wo Wasser eindringen könnte. Das Wissen macht dich einfach schneller.

Wann ist es in Bleicherod­e so weit?

Ich denke, im Herbst, andernfall­s nächstes Frühjahr.

Haben Sie weitere Objekte in Bleicherod­e im Blick?

Ja, es gibt da noch die eine oder andere Idee. Wobei es schwierige­r ist, in eine Fachwerkst­raße ein bunten Haus reinzuarbe­iten. Vielleicht müsste dann eher im Ziel des Klassizism­us gearbeitet werden. Die Stadt gefällt mir auf jeden Fall, ich habe nur coole Menschen kennengele­rnt: Menschen, die nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern sich durchschla­gen, Ideen entwickeln, etwas aus der Stadt machen. Das finde ich toll!

Noch eine persönlich­e Frage: Ist Ihr Nachname Kunst – oder der natürliche seit Geburt?

Fischer-art gibt es seit 1988 als Kunstnamen. So steht es auch in Pass und Ausweis. Alles läuft unter diesem Namen.

Einen Überblick über Fischerart­s Werke gibt‘s hier: www.fischer-art.de

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er Spänesilo auf dem Gelände üheren Harzer Stielwerke vor: Be
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Michael Fischer-art

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