Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Kaum ein Gebäude der Rolandstad­t hatte eine so wechselhaf­te Historie w Villenkult­ur wieder auf dem Prüfstand. Die Stadt will es verkaufen. Ein

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Mut und eine Taschenlam­pe braucht es, will man den Nordhäuser Lindenhof erkunden. Starke Taschenlam­pen und eine gehörige Portion Mut sogar. Nicht umsonst hat Nordhausen­s Stadtverwa­ltung das Gebäude am Geiersberg mit Backsteine­n zugemauert. Um Lost-place-fotografen vor ihrer Neugier und Vandalen wie Obdachlose vor sich selbst zu schützen. Nur der Thüringer Allgemeine hat das Rathaus nun eine Sondergene­hmigung erteilt, einen kurzen Blick in das Gebäude zu werfen.

„Auf eigene Gefahr.“Denn: Morsches Gebälk knarzt bedrohlich in der Dunkelheit. Verstärkt wird diese Symphonie des Verfalls durch das leise Rieseln von Wassertrop­fen. Durch das löchrige Dach bahnen sie sich ihren Weg bis ins Untergesch­oss. Auch Teile des ehemaligen Salons sind bereits der Schwerkraf­t gefolgt – bis in die Kellerräum­e sind Balken und Bretter hinabgestü­rzt. Am tiefsten Ort des Gebäudes bilden sie einen wirren Haufen, in dessen Ritzen Pilze aus dem Boden schießen, fauler Geruch wabert hier zwischen gusseisern­en Säulen. Gesprungen­e Fliesen und Putzbrocke­n mahnen zudem bei jedem Schritt zur Vorsicht.

Mut und eine Taschenlam­pe reichen daher nicht, will man sich den Lindenhof auch heute noch als eine der herausrage­nden Schöpfunge­n der gründerzei­tlichen Villenkult­ur vorstellen. Als solche bezeichnen sie Geschichts­forscher und Kunsthisto­riker wie Heidelore Kneffel und Susanne Hinsching nämlich. Gekonnt seien Bauweise und Gartenarch­itektur bei diesem Ensemble vereint, schreiben beide in Ausarbeitu­ngen zu jenem Areal, das den Stil der italienisc­hen Renaissanc­e gleicherma­ßen trägt wie Prinzipien der großbürger­lichen Gartenkuns­t Englands.

Ihren Ursprung hat dieses Kleinod im späten 19. Jahrhunder­t. 1874 lässt Tabakfabri­kant Karl Kneiff vor den Toren der Stadt eine Villa mit Park errichten – Park Hohenrode war geboren. „Das machte Schule“, sagt Heidelore Kneffel. Denn bereits 1876 begann der Kommerzien­rat Moritz Riemann, Teilhaber der Firma J. F. Riemann, die im Bereich der Baumwoll-buntwebere­i tätig war, ebenfalls eine Villa erbauen zu lassen – den Lindenhof. Der wohl seinen Namen der nahegelege­nen Merwigslin­de zu verdanken hat. Bis 1895, so Heidelore Kneffel, findet sich das Anwesen im Adressbuch gar noch unter der Anschrift „Bei Merbigslin­de 1“. Erst danach lautet die Adresse „Geiersberg 10“.

Wer die Pläne für dieses in der Zeit des Historismu­s geschaffen­e Haus er- Eine Postkarte, die das Datum vom . November  t nannt – noch in ihrer gesamten gründerzei­tlichen Prach

schuf, ist übrigens auch heute noch nicht abschließe­nd geklärt. Heidelore Kneffel beispielsw­eise fand bei ihren Recherchen den 1829 in Berlin geborenen Richard Lucae als Architekte­n. Als Direktor der Bauakademi­e in Berlin habe er unter anderem die Neubauplän­e der Technische­n Hochschule in Berlin Charlotten­burg geschaffen und zeichnete für das Stadttheat­er in Magdeburg oder die Alte Oper in Frankfurt am Main verantwort­lich. In der Zeitschrif­t für Bauhandwer­ker, die 1880 in Leipzig erschien, wird allerdings Ludwig Bohnstedt als Architekt genannt, der schon die Villa Kneiff entwarf.

So ungeklärt die Frage des Architekte­n, so wechselhaf­t soll auch die Geschichte des Gebäudes im Laufe der kommenden Jahre verlaufen. Nach dem Tod des Auftraggeb­ers Riemann im Jahr 1880 sollen noch wenige Jahre seine Witwe und Verwandte den Lindenhof bewohnen, bis er 1906 durch den Kaufmann Rudolf Nöllenburg erworben wird. Doch schon 1908 der nächste Besitzerwe­chsel: Die Deutschen Kaliwerke Bernterode AG übernimmt. Doch auch ihr Generaldir­ektor soll nur wenige Jahre hier leben, weil schon 1917 Albert Gerlach, Mitinhaber der Firma „Eisenwerk Albert Gerlach“, die Villa kauft. 1934 tritt dann erstmals die Stadt als Eigentümer auf den Plan.

Sammelt die bis dahin ihre musealen Schätze noch im Alten Museum am Friedrich-wilhelm-platz, so wird die

Villa bald danach da mat- und Vorgeschic des Lindenhofe­s w meister Heinz Sting tung des Geheges als licher hervorhebe­n“Kneffel zu berichte und Meyenburg-m Stadt nun zwei der in der Provinz Sac klärt die Historiker­i 30er-jahre braucht e die schönen Künste, zug in Deutschlan­d u halb der Lindenhof z 1945 das Heeresba das nach Kriegsende Lazarett umfunktio heute verströmen di lerräume den Charm riums, wenngleich d keit blätternde­n D spenstisch­e Schatten der einst sterilen Räu

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Die Villa entsprach dem Stil und der Vorliebe des wohlhabend­en Bürgertums im ausgehende­n . Jahrhunder­t. Wer sie geplant hat, ist allerdings nicht eindeutig geklärt, weil die originalen Bauzeichnu­ngen fehlen. Fotos: Archiv Nadine Stevens ()
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