Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Promille-fahrt hat Konsequenzen
Betrunkener Zugführer steuerte ICE durch Deutschland und verpasste dabei einen Halt – nun verliert er seine Zulassung
Hamburg/leipzig. Die ruckelige Fahrweise des ICE ließ den Zugchef misstrauisch werden, dann rauschte der Zug auch noch am geplanten Halt in Wittenberg vorbei. Die Trunkenheitsfahrt eines Ice-lokführers hat Konsequenzen: Dem Mann, bei dem ein Atemalkoholwert von 2,5 Promille gemessen wurde, ist der Triebfahrzeugführerschein entzogen worden. Das teilte die Deutsche Bahn am Donnerstag mit. Diese Forderung hatte auch der Fahrgastverband Pro Bahn gestellt. „Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen“, sagte Sprecher Karl-peter Naumann.
Wie berichtet, hatte der ICE auf dem Weg von Hamburg nach Leipzig planmäßig gegen 22.10 Uhr in Wittenberg (Sachsen-anhalt) halten sollen. Doch der Lokführer fuhr einfach weiter. Der Zugbegleiter, dem bereits zuvor eine ungewöhnlich holperige Fahrweise des Zugs aufgefallen war, wandte sich an zwei Bundespolizisten, die in dem ICE auf der Heimfahrt von Berlin waren. Sie alarmierten Kollegen der Landespolizei, die den betrunkenen Lokführer beim nächsten Halt wenig später in Bitterfeld aus dem Zug holten. So schildert BundespolizeiSprecherin Chris Kurpiers den Vorfall.
Als der ICE nach einem Lokführertausch mit 65-minütiger Verspätung in Leipzig angekommen war, sprach die Bahn von einer „Verzögerung im Betriebsablauf“. Reisende, die in Wittenberg aussteigen wollten, mussten mit dem nächsten Zug zurückfahren.
Alkoholmissbrauch bei Lokführern ist laut Bahnangaben „äußert selten“. Im vergangenen Jahr habe es lediglich zwei erkannte Fälle im Führerstand eines Fernverkehrszugs gegeben. „Bei 500.000 Zugfahrten entspricht das einer Quote von 0,0004 Prozent“, so eine Unternehmenssprecherin. Seit 20 Jahren gelte ein striktes Suchtmittelverbot.
Der aktuell Betroffene müsse nun bei medizinischen und psychologischen Untersuchungen belegen, dass keine Alkoholsucht vorliegt und eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist. Über die Wiedererlangung seines Führerscheins wacht nicht nur die Bahn, sondern vor allem das Eisenbahn-bundesamt. Zu strafrechtlichen und arbeitsrechtliche Folgen konnte das Unternehmen noch keine Angaben machen.
Gesundheitscheck für Lokführer
Ständige Alkoholkontrollen bei Lokführern sind laut Bahn nicht möglich. „Lokführer müssen sich jedoch alle drei Jahre, ab dem 55. Lebensjahr einmal pro Jahr, einer Gesundheitsuntersuchung unterziehen, zu der auch eine Untersuchung der Blutwerte auf Alkoholmissbrauch gehört“, so die Bahnsprecherin. Bei akuten Verdachtsfällen können die Einsatzstellen auch Atemalkoholkontrollen durchführen oder die Bundespolizei zu Blutuntersuchungen hinzuziehen. (mit dpa)