Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Drogen-gärtner vor Gericht
Cannabis-anbau im Kreis Greiz hätte Marihuana im Wert von einer Million Euro gebracht
Gera. Ein großes Aufgebot an Wachtmeistern sichert den alten Schwurgerichtssaal des Landgerichtes Gera: Dort hat am Freitag der Prozess gegen eine mutmaßliche Drogen-bande begonnen. Die Männer sollen eine Hanfplantage im Landkreis Greiz aufgebaut und betrieben haben – eine der größten, die in den vergangenen 20 Jahren in Ostthüringen entdeckt wurde.
Die Staatsanwaltschaft sieht einen 43-jährigen Mann aus Wuppertal als Drahtzieher. Der zweifache Familienvater ist als Einziger der Männer vorbestraft. Er soll die Plantage auf einem Grundstück in Birkhausen, einem kleinen Ort in der Gemeinde Harth-pöllnitz, geplant haben. In dem Objekt waren nicht nur Räume für den An- bau inklusive Spezialbeleuchtung und Belüftung hergerichtet, sondern auch Wohnräume inklusive Sauna.
Dem Anklagesatz zufolge habe der Mann, ein Kroate, Komplizen aus Südosteuropa zur Betreuung der Plantage nach Deutschland geholt. Der Anbau erfolgte ab Ende Februar 2017. Er selbst sei in regelmäßigen Abständen nach Ostthüringen gefahren, um die Arbeiter anzuleiten und die Abläufe zu kontrollieren. Ein 49-Jähriger und ein 31-Jähriger sollen die Plantage für einen längeren Zeitraum betreut haben und auch am Gewinn beteiligt gewesen sein. Ein 60-Jähriger hingegen soll erst seit vier Tagen im Einsatz gewesen sein, als am 4. Mai 2018 die Handschellen klickten. Er soll 10.000 Euro für seinen Einsatz erhalten haben.
Was die Angeklagten nicht wussten: Sie standen im Fokus des Zollfahndungsamtes Dresden. Die Ermittler hatten das Objekt in einem anderen Verfahren in Augenschein genommen und dabei die vielen Cannabispflanzen entdeckt. Sie observierten das Gebäude und überwachten die Telefone, bevor am 4. Mai der Zugriff erfolgte. Die Fahnder entdeckten Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien, die etwa im Abstand von zwei Wochen die Erntereife erreichen sollten. In Summe sollen seit dem Anbaustart fast 5600 Pflanzen auf der Plantage gewachsen sein. Weitere 877 Setzlinge standen bereit. Zu einem Teil der Ernte lagen Statistiken vor, wie viele Drogen sie ergeben hatten. Daraus ergibt sich die Hochrechnung der Staatsanwaltschaft, dass die Pflanzen das Potenzial für über 100 Kilogramm Marihuana hatten – auf dem Schwarzmarkt liegt der Wert bei etwa einer Million Euro. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten mit den bereits verkauften Drogen mindestens 215.000 Euro erwirtschaftet haben und fordert diese Summe als Wertersatz.
Zum Auftakt der Verhandlung, für die es drei Dolmetscher braucht, wollten sich die Angeklagten noch nicht äußern. Zunächst wollen die Verteidiger prüfen, ob es im Gespräch mit der Staatsanwaltschaft zu einer Verständigung kommt. Zwi- schen fünf und 15 Jahren Haft sind möglich.
Rechtsanwalt Thomas Ulrich beantragte, aufgrund der schlechten Akustik im Saal die Verhandlung aufzuzeichnen oder zumindest wörtlich zu protokollieren, was bei Strafprozessen am Landgericht unüblich ist. Staatsanwältin Jana Böse sieht dazu keine Veranlassung. Nun muss die elfte Strafkammer unter Vorsitz von Andrea Höfs entscheiden.
Die Kammer hat für den Prozess 13 weitere Verhandlungstage angesetzt. Möglicherweise sind die vier Männer, die in Thüringer Gefängnissen in Untersuchungshaft sitzen, Teil eines international agierenden Drogenringes. Tschechische Behörden haben nach Aktenlage eine ähnlich aufgebaute Plantage in Prag ausgehoben.
Zwischen 5 und 15 Jahren Haft möglich