Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Über 1000 Jahre alter Schatz
Wertvolles Pergament aus St. Gallen in Nordhäuser Flohburg ausgestellt
beiden lateinischen Strophen sind noch lesbar: „An jedem Tag lobpreisen wir dich, und loben in Ewigkeit deinen Namen, ja, in der ewigen Ewigkeit. In Gnaden wollest du, Herr, an diesem Tag uns ohne Schuld bewahren… Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden.“
„Das Blatt ist wahrscheinlich im 10. Jahrhundert in der Schreib- und Malschule des Klosters St. Gallen entstanden, die damals hervorragende liturgische Bücher herstellte“, weiß Hinsching. Klöster besaßen damals berühmte Schreibstuben, in denen Mönche Texte vervielfältigten. Sie schrieben mit Gänsekielen auf Pergament. Nach der Linierung der ungegerbten, geglätteten und recht teuren Tierhaut wurde der Haupttext aufgetragen, wobei jedoch Anfangsbuchstaben und hervorzuhebende Überschriften nur leicht vorgezeichnet wurden. Künstler gestalteten diese Initialbuchstaben oft farbig aus. Auf unserem Pergament ist der Initialbuchstabe „P“ein anschauliches Beispiel. Aus dem Skriptorium von St. Gallen gelangte also eines dieser wertvollen Manuskripte nach Nordhausen, vermutlich in die Bibliothek oder Sakristei des 961 gegründeten Damenstifts. Um für eine angemessene Bücherausstattung zu sorgen, erwarb Mathilde die teure Handschrift, von der sich als einziger Rest das Blatt mit dem Te Deum und dem Vaterunser über eine Zeit von mehr als tausend Jahren erhalten hat.
Dieses Fragment wird auch im Zentrum der Sonderausstellung „Erbe Nordhäuser Reichsstadtklöster – digital, lesbar und präsentabel“– stehen, die ab 5. April im Museum läuft. (red)