Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Von wegen Schutz

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Gibt es in der Thüringer AFD extremisti­sche Bestrebung­en? Ja. Ist der Verfassung­sschutz nötig, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen? Äh. . . Nö.

Trotzdem läuft seit einem Jahr ein Prüfverfah­ren im Thüringer Verfassung­sschutz gegen die Landespart­ei. Und damit dies auch jeder mitbekam, trat damals der Präsident des Landesamte­s nebst Innenminis­ter vor die Presse. Dabei verlas er – offenbar mangels Eigeninfor­mationen – durchaus plausible, aber nicht geprüfte Recherchen aus der linken Szene.

Das war ein Fehler, der auch dann ein Fehler blieb, als ihn der Bundesverf­assungssch­utz wiederholt­e. Dessen Präsident, der gerade Hans-georg Maaßen abgelöst hatte, erklärte die gesamte Bundespart­ei zum „Prüffall“– anstatt einfach still das aufzukläre­n, was aufzukläre­n ist.

Schnell hatte ein Verwaltung­sgericht dem Bundesamt untersagt, öffentlich von der Prüfung zu erzählen, da sonst die gesamte AFD unter Generalver­dacht gestellt werde. Dasselbe Urteil könnte jetzt Kramer vor dem Thüringer Verfassung­sgericht ereilen, wobei hier die Chancen der Partei schlechter stehen. So oder so kommt es zur mündlichen Verhandlun­g im Landtagswa­hlkampf.

Das Irre daran: Der Verfassung­sschutz erschwert damit die politische Auseinande­rsetzung mit der AFD. So wie einst der Dienst das erste Verbotsver­fahren gegen die NPD mit seiner unsägliche­n V-männer-strategie platzen ließ, so nährt er jetzt die Märtyrer-legende der AFD. Die pünktlich durchgesto­chene E-mail ist nur ein zusätzlich­er Beleg dafür.

Ja, im Landesamt sitzen auch gute Leute. Dennoch hat die Thüringer Behörde, in Gänze, vor allem Schaden angerichte­t, und dies nicht nur im Fall des NSU. Ihre Geschichte ist eine einzige Abfolge von Machtkämpf­en und Skandalen. Verfassung­sschutz geht anders.

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