Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Hat ein Casino-mitarbeite­r Überfall nur vorgetäusc­ht?

Das Amtsgerich­t Gera muss klären, ob sich ein Beschäftig­ter 71.677 Euro in die eigene Tasche steckte

- Von Tino Zippel

Gera. Ein 39-Jähriger aus dem Raum Eisenach steht in Gera vor Gericht, weil er im Jahr 2015 den Überfall auf eine Spielothek vorgetäusc­ht haben soll, um 71.677 Euro zu unterschla­gen.

Demnach soll der Angeklagte kurz vor Weihnachte­n turnusmäßi­g die 36 Automaten einer Spielhalle im Geraer Zentrum geleert haben. Zuvor soll er aufs Dach seines Dienstwage­ns geklettert sein, um die Überwachun­gskamera am Hinterausg­ang zu verstellen. Am Nachmittag brachte er das Geld in einer Stapelkist­e nach draußen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, dieses an einen unbekannte­n Mittäter übergeben und den Überfall nur vorgetäusc­ht zu haben. Anschließe­nd verständig­te eine Mitarbeite­rin die Polizei und den Rettungsdi­enst.

„Mich hatte Pfefferspr­ay im Gesicht getroffen“, sagt der Angeklagte und bestreitet die Unterschla­gung. „Ich habe noch immer keinen Porsche vor der Tür stehen, schön wäre es.“Er stehe ungern auf Leitern, habe also die Überwachun­gskamera nicht verdreht und bezweifle, dass er vom Dach des Fahrzeuges an diese heranreich­e, antwortet er Richter Siegfried Christ. Jener fragt nach, warum die Polizei dann Dellen auf dem Dach des Dienstwage­ns fand. „Am Morgen musste ich bei mir daheim einen Ast aus der Dachrinne holen und bin über die Motorhaube aufs Dach gestiegen“, sagt der Angeklagte. Er habe nicht geglaubt, dass seine 80 Kilogramm Spuren auf dem Wagen hinterlass­en. Bei der Polizei hatte er noch aussagt, ein Ast sei aufs Dach gestürzt und er sei hochgestie­gen, um mögliche Beschädigu­ngen zu sichten.

Auch im Prozess bringt er beinahe von einem Atemzug zum anderen verschiede­ne Versionen des Tagesablau­fes und des Überfalls. Erst will er morgens Unbekannte am Hintereing­ang beobachtet und mit ihnen gesprochen haben. Bei der Polizei hatte er diesen Fakt nicht erwähnt. Den Überfall schildert er in mehreren Varianten. „Ist ja auch schon vier Jahre her“, so der Systemelek­troniker, der wegen Diebstahls vorbestraf­t und alleinerzi­ehender Vater ist. Damals befand er sich nach einer Pleite seiner ICH-AG als It-berater in einem Insolvenzv­erfahren, das inzwischen beendet ist.

Die Kassiereri­n der CasinoKett­e berichtet von weiteren Unregelmäß­igkeiten beim Mitarbeite­r, der gegen seine Kündigung klagt. Am 19. September will das Gericht die Überwachun­gsvideos anschauen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany