Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Die Sanitärfrage im Gemeindeamt
In diesen Tagen wurde mehrfach des Abzugs der „Russen“aus Ostdeutschland vor 25 Jahren gedacht. Dabei wurden die Kontakte zwischen der deutschen Bevölkerung und den Soldaten der Roten Armee in den 50 Jahren auf Sparflamme gehalten und von der offiziellen Politik nicht gefördert.
Gute Begegnungen und Hilfen waren die Ausnahme und kaum bekannt.
Im ländlichen Raum existierten in den 1970er-jahren in vielen Dörfern nur die berühmten Plumpsklos, oft nur eine Fäkaliengrube, auch im Neudietendorfer Bürgermeisteramt.
So entschloss sich die Gemeinde, im Innenhof eine Kläranlage zu errichten, als Bedingung für Wassertoiletten.
Es gab dort keine Torfahrt für einen Bagger, um die Baugrube auszuheben. Das musste per Handarbeit geschehen, aber mit wem? Im Kreis Erfurt waren dafür keine Arbeitskräfte vorgesehen.
Auftragsvergabe jenseits des Protokolls
Da kam Bürgermeister Gerhard Schaarschmidt auf die pfiffige Idee, bei der Sowjetarmee in Ohrdruf anzufragen, ob diese nicht ein paar Soldaten schicken könnten.
Und sie konnten, obwohl dies nicht erlaubt war.
Die jungen Männer, bezüglich Ausgang oder Urlaub sehr streng gehalten, reisten in Arbeitsuniformen mit der Eisenbahn an, mit einem ebenso jungen Leutnant.
Um wenig gesehen zu werden, hielten sie sich auf dem Bahnhof in der Unterführung auf, bis der Zug kam.
Die Schachtarbeiten im Gemeindehof erledigten sie sehr ordentlich. Dafür erhielten sie, fern der Heimat, beste Verpflegung und für die Kaserne gewünschte Baumaterialien, die ein Lkw abholte.
Das war eine Freundschaftsleistung, über welche wenig gesprochen wurde.
Aber so konnte die Sanitärfrage im Gemeindeamt durch die „Besetzung“der Roten Armee gelöst werden.