Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Patienten verstehen

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Patienten sollen nicht wegen eines Schnupfens oder einer Verstauchu­ng in die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses gehen und dort Kapazitäte­n für echte Notfälle blockieren. Wie macht man das einem Menschen, der sich krank fühlt und Hilfe sucht, klar? Und was ist überhaupt ein echter Notfall?

Der Idealfall wäre der aufgeklärt­e Patient, der die Organisati­on des Gesundheit­swesens versteht und sich artig an die Spielregel­n hält. Die lauten „ambulant vor stationär“, „Hausarzt vor Fach- oder Klinikarzt“, „Praxis vor Klinik“. Siehe auch die etwas altbacken daherkomme­nde Elfen-tvKampagne der Ärzte für die gemeinsame Notrufnumm­er

116 117. Es ist freilich Teil des neuen Anspruchsd­enkens, dass Patienten alles sofort haben wollen und sich dabei als Versichert­e im Recht wähnen.

Wer das als Flatrate-mentalität bezeichnet, hat recht – und er hat nicht recht. Das System selbst ist überholt und bedarf dringend der Reform. Das Gesundheit­swesen muss den Patienten verstehen – und nicht andersheru­m. Versichert­e, das zeigt die aktuelle Kkh-umfrage, gehen in die Notaufnahm­en, weil sie hoffen, schneller und besser behandelt zu werden.

Das ist nicht verboten und wird von Kliniken nicht wirklich verhindert. So bekommen sie einen Teil ihrer stationäre­n Patienten, auch wenn das viele abstreiten. Hartnäckig­e Mauern und unsinnige Vergütungs­unterschie­de zwischen ambulant und stationär machen es möglich.

Patienten sollten nicht entscheide­n müssen, ob sie ein Notfall sind oder nicht. Das Gesundheit­ssystems sollte jeden dahin führen, wo er die beste und Ressourcen schonendst­e Behandlung bekommt, die nötig ist. Dafür bräuchte es den Abbau von Eifersücht­eleien, gleiche Bezahlung für gleiche Leistungen und ein Gesundheit­swesen, dass als Gesamtheit agiert.

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