Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Kliniken werben um Personal vor der Haustür der Konkurrenz
Plakataktionen sorgen für Diskussionen. Landesärztekammer erinnert an Gebot der Kollegialität
Bad Berka/erfurt. Das Krankenhäuser landesweit händeringend nach Ärzten oder Pflegekräften suchen, hat sich rumgesprochen. Offenbar treibt der Konkurrenzkampf unter den Kliniken dabei interessante Blüten. So staunten etwa Teilnehmer eines Seminartages des Verbandes der Privatkliniken Ende vergangener Woche in der Zentralklinik in Bad Berka nicht schlecht, dass ihre Anfahrt von der Autobahn A 4 bis unmittelbar vor die Tagungsstätte nahezu flächendeckend von Werbeplakate des Erfurter Helios-klinikums begleitet wurden. Im unmittelbaren Wirkungskreis der Konkurrenz wird darauf quasi unverblümt um Mitarbeiter und Patienten geworben.
Unschicklich oder nicht? Auf Nachfrage wiegelt die Klinikleitung in Erfurt ab. „Die Helios Kliniken feiern im Jahr 2019 ihr 25-jähriges Bestehen. Erfurt gehört 2020 seit 20 Jahren zur Klinikgruppe. Unsere aktuelle Plakataktion ist ein Dankeschön an unsere Mitarbeiter, Patienten und niedergelassenen Ärzte für ihr Vertrauen in all‘ den Jahren“, sagt Klinik-geschäftsführer Florian Aschbrenner. Man freue sich jedenfalls sehr darüber, dass die Aktion so große Aufmerksamkeit erfährt. Schließlich arbeiteten in Erfurt Spitzenmediziner, Pflegekräfte und Therapeuten auf höchstem interdisziplinärem Niveau.
Ein Schelm, wer Arges dabei denkt? Tatsächlich ist man auch bei der Zentralklinik in Sachen Marketing keineswegs zimperlich. Mit dem Slogan „Nüscht für Luschen. Wir suchen Helden“setzt die Klinik ihre Mitarbeiter sowohl auf Plakaten als auch auf der gleichnamigen Internetseite in ebensolcher Heldenpose in Szene. Auch in diesem Fall scheute man nicht die Nähe zur Konkurrenz und hängte die Motive bis unmittelbar vor Helios-tor. Auch Kliniken stünden im Wettbewerb um motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter, rechtfertigt sich Bad Berkas Klinik-geschäftsführer Robert Koch. „Viele Thüringer Kliniken werben trägerübergreifend seit Jahren für sich selbst, für ihre Veranstaltungen oder um auf offene Stellen hinzuweisen. Mit ,Nüscht-für-luschen‘ wollen wir unseren Mitarbeitern ein originelles Denkmal setzen, weil sie für uns Heldinnen und Helden sind.“Zu sehen gewesen seien die Großplakate in Erfurt, Weimar und Jena sowie in Zügen und damit keineswegs nur am HeliosStandort in der Nordhäuser Straße in Erfurt.
Mahnung zur Einhaltung der Kollegialität
Bei der Landesärztekammer verweist man auf eine Resolution der Kammerversammlung vom September 2013 gegen aggressives Patienten-marketing. Die erachtete es zwar als sinnvoll, Patienten sachgerecht und angemessen zu informieren sowie Vertrauen aufzubauen. Allerdings müssen dabei die in der Berufsordnung festgelegten Regeln zur beruflichen Kommunikation, insbesondere zur erlaubten Information und berufswidrigen Werbung Beachtung finden. Angemahnt wurden nicht nur die Einhaltung des Werbeverbotes hinsichtlich anpreisender, irreführender oder vergleichender Werbung, sondern auch das Gebot der Kollegialität. Auch müsse der Eindruck einer dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufenden Kommerzialisierung des Arztberufes vermieden werden. „Das gilt unverändert“, sagte Sprecherin Ulrike Schramm-häder gestern.
Andere Kliniken gehen ebenfalls in die Werbeoffensive. So begegnet man derzeit etwa auf Bahnhöfen im Ilmkreis Plakaten der Ilmkreis-kliniken Arnstadt-ilmenau. „Wir müssen alle etwas für unsere Häuser tun“, sagte Klinik-geschäftsführer Marcel John gestern. Ähnliche Fälle von konfrontativer Klinikwerbung wurden in der jüngeren Vergangenheit auch aus Ostthüringen berichtet.
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