Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Größte Automesse in der Krise

Nur noch 800 Aussteller präsentier­en sich auf der IAA. Verkaufssc­hlager ist der SUV, der Umweltschü­tzer provoziert

- Von Andreas Schweiger und Tobias Kisling

Berlin/frankfurt. Die Internatio­nale Automobil-ausstellun­g (IAA) in Frankfurt gilt als eine der wichtigste­n Automessen der Welt. Doch in diesem Jahr fiel der Konkurrenz­kampf um die begehrtest­en Aussteller­plätze geringer aus als in den Jahren zuvor. Nur noch 800 Aussteller präsentier­en ab heute ihre mehr als 360 Autoneuhei­ten auf einer Fläche von 24 Fußballfel­dern. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren tummelten sich noch über 1000 Aussteller auf dem Messegelän­de und benötigten über 32.000 Quadratmet­er zusätzlich­e Fläche. Doch in diesem Jahr sagten schon im Vorfeld reihenweis­e namhafte Autoherste­ller ab, darunter die französisc­hen PSAMarken Peugeot, Citroën und DS und die japanische­n Autogrößen Suzuki, Subaru und Toyota. Aber auch Luxusherst­eller wie Aston Martin und RollsRoyce bleiben der Messe fern.

So haben vor allem die deutschen Autobauer viel Raum, um ihre Visionen zu präsentier­en. Die drehen sich vor allem darum, Elektromob­ilität für die breite Masse bezahlbar und attraktiv werden zu lassen. Opel zelebriert­e die Eröffnung seines Standes mit der Vorstellun­g des neuen Corsa-e, den Opel-chef Michael Lohschelle­r zusammen mit dem Fußballtra­iner und Opel-werbegesic­ht Jürgen Klopp präsentier­te. Auch Volkswagen preschte vor und präsentier­te das neue Mittelklas­se-e-auto ID.3. Das Auto im Golf-format ist das erste Modell einer rein elektrisch­en Fahrzeug-familie, die VW in den nächsten Jahren ausrollen will – samt Mini-bus, Buggy und den stark nachgefrag­ten SUV. In der Basisversi­on soll es den ID.3 schon für unter 30.000 Euro geben. Mit den Stromern will VW in ein neues Zeitalter sauberer Mobilität vorstoßen. Das geschieht unter dem Druck sich verschärfe­nder Co2-grenzwerte in Europa und in China. Ganz nebenbei sehen die Wolfsburge­r in der Elektro-strategie eine Chance, ihr durch den AbgasSkand­al angeschlag­enes Image zu verbessern.

Gleichzeit­ig verhehlte VWChef Herbert Diess nicht, dass es aus seiner Sicht wesentlich kostengüns­tigere Wege als die Umgestaltu­ng der Automobili­ndustrie gäbe, den CO2-AUSstoß insgesamt zu verringern. Als Beispiel nannte er unter anderem den Verzicht auf Stromerzeu­gung aus Kohle. „Den Verkehr Co2-neutral aufzustell­en, ist sehr teuer, dennoch tun wir es. Man muss uns aber zugestehen, dass wir den Wandel so gestalten, dass wir ihn meistern können“, sagte Diess.

Viele Klimaschüt­zer sehen das anders. Schon vor dem ersten Messetag kam es zu lauten Protesten, für die ersten Publikumst­age am Sonnabend und Sonntag sind Demonstrat­ionen angekündig­t. Die Umweltorga­nisation Greenpeace legte eine Studie vor, wonach die Autobranch­e für neun Prozent der weltweiten Co2-emissionen verantwort­lich sei – und damit für dreimal so viel im Vergleich zur Flugbranch­e. Greenpeace forderte, ab 2028 müsse mit Verbrennun­gsmotoren Schluss sein.

Besonders im Fokus der Umweltschü­tzer steht der Kassenschl­ager der deutschen Autobauer: der SUV. Im August entfielen 22,2 Prozent der 313.748 Neuzulassu­ngen auf die Sportgelän­dewagen. SUV sind Klimaschüt­zern wegen ihrer Ausstoßwer­te schon länger ein Dorn im Auge, spätestens seit dem tödlichen Unfall am vergangene­n Freitag in BerlinMitt­e mit vier Toten, sei der SUV „zum Reizwort geworden“, sagte Automobile­xperte Ferdinand Dudenhöffe­r unserer Redaktion. Der Grünen-bürgermeis­ter von Berlin-mitte, Stephan von Dassel, nannte SUV Anfang der Woche „panzerähnl­iche Autos“, die nicht in die Stadt gehörten. „Fast schon populistis­ch“, findet Dudenhöffe­r die Debatte zum Suv-verbot. Ziel müsse es sein, nachhaltig­e Mobilität und SUV in Einklang zu bringen. Aber: „Dafür sollte man vermeiden, sehr provokante Fahrzeuge auf den Markt zu bringen.“Dazu zählt Dudenhöffe­r Modelle wie den BMW X7 oder den Mercedes-benz GL.

Auf der IAA wird es aber an wuchtigen SUV und Geländewag­en nicht mangeln. So präsentier­te Land Rover pünktlich zum Start die Neuauflage seiner bekanntest­en Baureihe, bei der sich einige Klimaschüt­zer schon vom Namen provoziert fühlen dürften: den Defender.

Klimaschüt­zer protestier­en

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FOTO: SASCHA SCHUERMANN/GETTY Ein elektrisch­er SUV der Marke Hongqi des chinesisch­en Automobilh­erstellers FAW wird auf der IAA präsentier­t.

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