Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

„Ich musste dreimal ins Gefängnis“

Hongkonger Demokratie-aktivist Joshua Wong fordert von der Kanzlerin, Stellung zu beziehen

- Von Finn Mayer-kuckuk

Berlin. Der prominente Demokratie-aktivist Joshua Wong (22) will sich nicht einschücht­ern lassen. Schon sein Besuch in Berlin sorgte für einen Eklat: China bestellte prompt den deutschen Botschafte­r ein und drohte mit negativen Konsequenz­en für die bilaterale­n Beziehunge­n.

Herr Wong, am Montagaben­d haben Sie sich in informelle­m Rahmen mit Außenminis­ter Heiko Maas getroffen. Worüber haben Sie gesprochen? Wong: Das war eine gute Gelegenhei­t, sich über unsere gemeinsame Sorge in Hinblick auf eine mögliche Notverordn­ung auszutausc­hen, die die Regierung in Hongkong erlassen könnte. Notverordn­ungen sind ein Relikt aus der Kolonialze­it; dieses Instrument zu nutzen wäre wie die Ausrufung des Kriegsrech­ts. Die Regierung könnte damit das Internet abschalten und die U-bahnen stilllegen. Dahinter steckt die Hoffnung, mit diesen Mitteln den Protest zu behindern. China hat auf Ihr Treffen mit dem deutschen Außenminis­ter heftig reagiert, sich „Einmischun­g“verbeten und Sie einen „Separatist­en“genannt. Es ist nicht überrasche­nd, dass die chinesisch­en Regierungs­vertreter sich so äußern. Es zeigt, wie sehr die offizielle­n Stellen dort internatio­nale Unterstütz­ung für Hongkonger Aktivisten fürchten.

Sind Sie ein Separatist?

Nein, wir treten nicht für Unabhängig­keit ein. Wir fordern aber das Recht auf freie Wahlen in Hongkong, und wir fordern ein Ende der eskalieren­den Polizeigew­alt. Das ist unser Recht. Die kommunisti­sche Führung hat sich in der chinesisch-britischen gemeinsame­n Erklärung (zu Hongkong im Jahr 1985) dazu verpflicht­et, ein freiheitli­ches System in Hongkong vorerst zu erhalten.

Die Kanzlerin hat sich aber nicht mit Ihnen getroffen.

Ich hoffe durchaus, einmal mit dem Kanzleramt in Kontakt treten zu können, doch diesmal habe ich mich darauf konzentrie­rt, bei den Parteien um Unterstütz­ung zu werben.

Sie sind Aktivist, seit Sie 14 Jahre alt sind ...

Tatsächlic­h wurde ich achtmal verhaftet und musste dreimal ins Gefängnis. Das sieht erst einmal nach harter Unterdrück­ung aus. Aber mir ging es vergleichs­weise gut. Ich habe insgesamt nur 120 Tage im Gefängnis verbracht.

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FOTO: GETTY Joshua Wong ist derzeit zu Gesprächen in Berlin.

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