Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Künstler und Gemeinde lassen sich auf ein Experiment ein

Stephan Gräfe verbringt zwei Monate in Auleben, um mit Dorfgemein­schaft zu leben und zu arbeiten. Kurzroman geplant

- Von Marco Kneise

Auleben. Er ist angekommen. Und fällt natürlich wie ein bunter Hund auf, wenn er allein durch die Straßen des Örtchens spaziert, welches zuletzt stolz seine 1200-jährige Geschichte überschwän­glich feierte. Doch nun möchte Auleben mit Stephan Gräfe ein neues Kapitel aufschlage­n, quasi zur Kulturschm­iede werden. Denn der junge Schriftste­ller wird die kommenden acht Wochen in dem Europadorf leben und arbeiten.

Möglich macht dies das ortsbezoge­ne Stipendium „Künstler im ländlichen Raum“, welches sich zum zweiten Mal an Kulturscha­ffende aus den Bereichen Bildende Kunst und Literatur richtet und von der Sparkassen­Kulturstif­tung Hessen-thüringen und der Sparkassen-versicheru­ng zusammen mit der Kreisspark­asse Nordhausen finanziert wird. Für den achtwöchig­en Aufenthalt stehen dem Stipendiat­en eine monatliche Aufwandsen­tschädigun­g von 1500 Euro, ein kleines Materialbu­dget sowie eine kostenfrei­e Wohnung zur Verfügung.

50 Künstler bewarben sich, doch nur drei wurden auserkoren, temporär im ländlichen Raum zu wirken und zu leben. Jeweils einer in Löbichau (Altenburge­r Land) und Scherbda (Wartburgkr­eis) sowie Stephan Gräfe in Auleben, welches knapp über 900 Einwohnern zählt.

Eine Konstellat­ion, die von Anfang an passte, so Ortschafts­bürgermeis­ter Andreas Liesegang (BBGA), der Teil der Jury war, die ausgerechn­et während der großen Festwoche zum Dorfjubilä­um tagte, und sich für genau diesen jungen Künstler in dem Europadorf aussprach. „Entscheide­nd aber war genau diese 1200-Jahr-feier, denn das passte zur Geschichte und wäre das I-tüpfelchen im Jubiläumsj­ahr“, sagt Liesegang.

Wie gut es passt, merkte der Ortschef bereits die vergangene­n Tage. Alldieweil hinter dem Künstler längst eine Reihe von hiesigen Veranstalt­ungen liegen, die zahlreiche­s Material zu Tage brachten, die Gräfe veranlasst­en umzuplanen. Ursprüngli­ch wollte der Schriftste­ller, der aktuell Philosophi­e, Künste und Medien in Hildesheim studiert und seit vier Jahren vom Schreiben lebt, eine Kurzgeschi­chte verfassen, doch nun zeigten die Gespräche mit den Einwohnern, welches Potenzial in Auleben schlummert. „Wir haben das Heringer Schloss und sein Fest mit dem Konzert am Abend besucht, auch den Kindergart­en und die Kirche, waren zum Tag des offenen Denkmals unterwegs. So wird er in alle Aktivitäte­n des Ortes eingebunde­n“, sagt der Ortschef und berichtet stolz vom Wandel des Projektes.

Gräfe möchte nämlich nun einen Kurzroman schreiben. Ein Fakt, den Liesegang wohlwollen­d begrüßt. Schließlic­h finden im November die Auleber Kulturtage statt, zu denen die Vorstellun­g der Projekterg­ebnisse mit einer Lesung passen würde.

Auf die Frage, in welche Richtung der regionale Roman gehen werde, antwortete Gräfe, der gerne viel handschrif­tlich niederschr­eibt, dass es hierfür noch zu früh sei, einen Einblick zu geben. Zumal dem eigentlich­en Schreiben eine starke Recherchep­hase vorausgehe, bei der Gräfe schon jetzt einige Termine hat. Kleine Workshops im Kindergart­en sind ebenfalls Bestandtei­l seines Projektes. „Denn der Künstler soll sich nicht in seinen Elfenbeint­urm zurückzieh­en und über das weite Land der Goldenen Aue schauen, sondern mit der Gemeinde kommunizie­ren und interagier­en, so dass eine gegenseiti­ge Wechselwir­kung entsteht“, betont Michael Grisko von der Sparkassen-kulturstif­tung und ergänzt, dass den Leuten bewusst sein soll, dass jemand in den Ort kommt. „Gemeinde und Künstler sollen sich auf ein zweimonati­ges Experiment einlassen. Denn hier soll keine Auftragsku­nst entstehen, nicht irgendein Denkmal auf dem Dorfplatz“, erklärt Grisko, der sich auf das Ergebnis freut.

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FOTO: MARCO KNEISE Seit vergangene­r Woche weilt der Schriftste­ller Stephan Gräfe im Rahmen eines Stipendium­s in Auleben, um hier einen Kurzroman zu schreiben.

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