Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Ein Skispringer auf dem Weg zum Vuelta-sieger
Primoz Roglic geht mit einem Vorsprung in das Finale der Spanien-rundfahrt. Der Slowene hat den Gesamtsieg dicht vor Augen
Burgos. Aus Primoz Roglic spricht die Überzeugung eines Siegertypen. „Wir haben eine Menge Selbstvertrauen und einen großartigen Teamgeist“, sagt der Slowene. Und anders als vor etwa vier Monaten beim Giro d‘italia geht der Ex-skispringer bei der Spanien-rundfahrt auch als ungefährdeter Führender in die entscheidenden Tage: „Wir sind in einer guten Ausgangsposition.“
Der 29-Jährige führt das Klassement an. Seine Teamkollegen bei Jumbo-visma um den deutschen Zeitfahrspezialisten Tony Martin strahlen überdies Souveränität aus. Der Ruhetag in Burgos kam dennoch gelegen. „Es waren zwei harte Wochen“, sagte Roglic. Martin hat nicht nur die Rolle als Lokomotive des Feldes inne, die er bei der Vuelta ähnlich wie bei der Tour de France zu seiner neuen Passion erhoben hat und eindrucksvoll ausfüllt. Auch als Roglics Zimmerkollege ist der Lausitzer in besonderer Weise gefragt. „Es macht Spaß, für ihn zu arbeiten, mit ihm kommen die Ergebnisse. Aber er ist auch ein sehr dankbarer Kapitän und gibt sehr viel zurück“, sagte Martin.
Die größte Belohnung wäre fraglos der Triumph in Madrid. Etwas Restvorsicht ist zwar geboten. „Wir müssen fokussiert bleiben“, sagt Roglic. Doch weder Weltmeister Valverde noch das slowenische Talent Tadej Pogacar oder der Kolumbianer Miguel Angel Lopez scheinen imstande, Roglic den ersten Sieg bei einer großen Rundfahrt abspenstig zu machen.
Roglics Geste nach der Bergankunft der 16. Etappe drückte deshalb mehr aus als nur die Freude über einen weiteren Tag im Roten Trikot. Der erhobene Daumen und das befreite Lächeln symbolisierten auch das Wissen, dass die schwersten Abschnitte bereits hinter dem TourVierten von 2018 liegen. Einzig das 20. Teilstück scheint noch für Verschiebungen geeignet.
Hinter Roglics märchenhaftem Weg vom Skispringer zum Weltklasse-radprofi steckt eine natürliche Begabung. „Im Ausdauersport war ich immer gut, ich bin aber vornehmlich gelaufen“, erzählte er einmal. Seine Kapazitäten erreichten bei einer Messung enorme Werte. Wirklich ausleben durfte Roglic seine Leidenschaft erst, nachdem ihn 2007 eine Windböe fürchterlich auf den Hang der Flugschanze von Planica genagelt hatte.
Auch wenn schwere Verletzungen damals wie durch ein Wunder ausblieben, Roglic verlor den Anschluss. „Ich wollte der beste Skispringer der Welt werden, der Traum hat sich nicht erfüllt“, sagte er. Dafür jagt Roglic, der seinen Vertrag bei JumboVisma bis 2023 verlängerte, mit rasant zunehmendem Erfolg anderen Zielen entgegen. (sid)
Größte Belohnung wäre der Triumph in Madrid