Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Der Gereifte Seit Jahren arbeitet Cdu-landes- und Fraktionschef Mohring auf sein Ziel hin, Ministerpräsident zu werden
Sparkurs einforderte. Das nervte die Kollegen. Aber der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) erkannte früh, das politische Talent des jungen Mannes und förderte ihn.
Auch Vogels Nachfolger als Regierungs- und Parteichef, Dieter Althaus (CDU), wusste um die Qualitäten Mohrings. Im Jahr 2000 wurde er Mitglied im Landesvorstand, 2004 Generalsekretär, 2008 Fraktionschef. Eigentlich lief damals schon alles auf Mohring als künftigen Ministerpräsidenten hinaus. Althaus hätte nach der Bundestagswahl 2013 ein Amt in Berlin annehmen sollen. Doch dann machte 2009 Althaus‘ Skiunfall diese Pläne zunichte. Was folgte war ein Wahldebakel, Althaus trat zurück und Christine Lieberknecht wurde Regierungschefin. Auch beim Ringen um den Parteivorsitz zog Mohring gegen Lieberknecht den Kürzeren. Für ihn blieb nur der Chefposten in der Fraktion. Die führt er jetzt seit über elf Jahren.
Wer Mohring kennt, weiß, dass dieser Stillstand für ihn auch Rückschritt bedeutete. Deshalb sucht er sich andere Spielweisen, macht an einer privaten Universität seinen Abschluss in internationalem Wirtschafts- und Steuerrecht und profiliert sich auf der bundespolitischen Bühne: wird 2005 Chef der Unionsfinanzpolitiker und 2013 Vorsitzender der Fraktionsvorsitzendenkonferenz. Seinen Sitz im Bundesvorstand büßt er zeitweilig wieder ein, was auch daran gelegen haben dürfte, dass er die Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel zu häufig attackierte. Ihr Kurs war Mohring von je her nicht konservativ genug.
2014 folgt die historische Zäsur. Die CDU erleidet eine schmerzliche Wahlniederlage. Mohring flirtet kurz mit der AFD, um vielleicht doch noch Ministerpräsident zu werden – entgegen der Ansagen der Bundespartei. Aber nach 24 Jahren, in denen die Union in Thüringen stets mit regierte, muss sie sich schließlich erstmals mit der Oppositionsrolle begnügen. Doch ausgerechnet das festigt am Ende Mohrings Vorherrschaft in der Landespartei.
Zwar ist es schwer, das Image des Spielers abzuschütteln. Nicht selten wird damit von Konkurrenten seine charakterliche Eignung für das Amt des Landesvaters in Zweifel gezogen. Auch sein ausgeprägtes Ego und der weiterhin mangelhaft ausgeprägte Mannschaftsgeist bleiben ein Thema. Aber mit dem ehemaligen Landtagspräsidenten Christian Carius hat zuletzt einer seiner größten politischen Widersacher frustriert der freistaatlichen Politik den Rücken gekehrt und ist in die Privatwirtschaft gewechselt. Kritiker wie den Vorsitzenden der Jungen Union, Stefan Gruhner, hat er als Chef der Parteiprogrammkommission für die Landtagswahl mit eingebunden. Oder sie haben sich wie der Wirtschaftspolitiker Mario Voigt als Professor für digitale Transformation und Politik neben dem Mandat neue Betätigungsfelder gesucht.
Seit 2014 steht Mohring unangefochten an der Spitze der Landespartei. Im Mai wird er mit mehr als 90 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt. Das liegt nicht unbedingt in erster Linie daran, dass er alle Zweifler überzeugen konnte. Vielmehr wissen auch jene, die Vorbehalte haben, dass Geschlossenheit wichtig ist. Schließlich schrickt den Wähler kaum etwas mehr ab als offen ausgetragener innerparteilicher Streit.
Mittlerweile hat es Mohring bis ins Cdu-präsidium geschafft, den engsten Führungszirkel der Bundespartei. Diese wichtige Position und das Offenbaren seiner Krebserkrankung haben seinen Bekanntheitsgrad in die Höhe schnellen lassen. Er ist gefragter Gesprächspartner in bundesdeutschen Talkshows. Das hat seine Beliebtheit gesteigert, aber nicht in dem Maße, dass er es mit dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow aufnehmen könnte.
Ende August landet Mohring bei der Frage, wie zufrieden die Thüringer mit seiner Arbeit sind, sogar nur auf Rang vier. Auch bei einer Direktwahl hätte Ramelow mit 49 Prozent gegenüber Mohring mit 29 Prozent die Nase deutlich vor. Zudem könnte ihm ein Koalitionspartner fehlen: Die AFD scheidet aus. Bei der koalitionswilligen FDP ist nicht sicher, ob sie den Sprung über die Fünf-prozent-hürde schafft. Und SPD und Grüne würden lieber Rot-rot-grün fortsetzen.
Mohring will die CDU bei der Landtagswahl am 27. Oktober wieder zur stärksten politischen Kraft im Freistaat machen. Aber den Demoskopen zufolge könnte seine Partei auch auf Platz zwei oder drei landen. Die jüngsten Wahlen in Sachsen und Brandenburg haben nicht gerade für Rückenwind gesorgt.
Er brauche Politik nicht mehr, um sich etwas zu beweisen, sagte Mohring vor einigen Wochen. „Ich habe mein Leben zurückgewonnen.“Es ist ein Satz der zeigt, dass sich seine Prioritäten verschoben haben. Er zeigt aber auch: Der einstige Heißsporn hat eine Entwicklung durchlaufen. Eigentlich wäre damit die Zeit reif, um den Chefsessel in der Staatskanzlei zu übernehmen. Gelingt das nicht, würde Mohring damit leichter fertig werden als noch vor einem Jahr. Aber seine Mission bliebe damit vorerst unvollendet.