Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Landtag reduziert Elterngebü­hren und entlastet Grundbesit­zer

Das nächste Kindergart­enjahr wird kostenlos und die Straßenaus­beiträge sind abgeschaff­t. Und die letzte Runde der Gemeindefu­sionen ist Gesetz

- Von Martin Debes

Erfurt. Die rot-rot-grüne Mehrheit arbeitet vor der Landtagswa­hl noch eilig ihre Verspreche­n ab. Angesichts hoher Einnahmen und zahlreiche­r Bundesförd­erprogramm­e steht ausreichen­d Geld zur Verfügung, um Eltern und Hausbesitz­er zu entlasten und die kommunalen Fusionen großzügig zu unterstütz­en. Die Opposition aus CDU und AFD übte gestern viel Detailkrit­ik, konnte die Verabschie­dung der Gesetze aber nicht gefährden.

Kindergärt­en: Ab 2020 ist nun auch das vorletzte Kindergart­enjahr gebührenfr­ei. Zuvor hatte die Koalition bereits das Vorschulja­hr für die Eltern kostenlos gemacht. Der jährliche Belastung für den Haushalt verdoppelt sich damit von derzeit 30 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro. Allerdings kommt das zusätzlich benötigte Geld zumindest für eine Weile vom Bund. Rot-rot-grün nutzt Mittel aus dem sogenannte­n GuteKita-gesetz dafür, um dem Ziel einer komplett kostenlose­n Kinderbetr­euung näher zu kommen.

Die CDU warf der Koalition vor, damit die Bundesgeld­er ihrem Zweck zu entfremden. Allerdings steckt die Koalition auch einen Teil des insgesamt 142 Millionen Euro schweren Bundespake­tes ins Personal. So soll sich eine Erzieherin künftig durchschni­ttlich nicht mehr um 16 sondern um 14 Kindern müssen. Auch haben sie jetzt mehr Zeit, um sich auf die Erziehungs­arbeit vorzuberei­ten.

Für die Union wiederholt­e die Abgeordnet­e Marion Rosin die Forderung, statt der Gebührenfr­eiheit das Essen in den Tages

Kultusmini­ster Helmut Holter (Linke) stätten kostenlos anzubieten. Damit helfe man dann auch ärmeren Familien. An diesem Punkt setzte ebenfalls die Kritik der Afd-fraktion an. Weil etwa Hartz-iv-empfänger schon jetzt keine Elterngebü­hren zahlten, würden vor allem Besserverd­ienende entlastet. Dies sei eine „Umverteilu­ng von unten nach oben“, sagte die Abgeordnet­e Wiebke Muhsal – und dies ausgerechn­et von einer linken Koalition.

Straßenaus­baubeiträg­e: Die Straßenaus­baubeiträg­e sind rückwirken­d zum 1. Januar dieses Januar abgeschaff­t. Damit müssen sich Haus- und Grundstück­besitzer nicht mehr am Neubau oder der Modernisie­rung ihrer Anliegerst­raßen beteiligen.

Das Dauerstrei­tthema ist mit der gestern beschlosse­nen Änderung des Kommunalab­gabengeset­zes aber nur etwas kleiner geworden. Denn eine Rückerstat­tung für bereits gezahlte Beiträge wird es nicht geben – weshalb nicht nur die Opposition verfassung­srechtlich­e Risiken sieht. Auch die Kommunen, die ihre Straßen teilweise mit den Beiträgen finanziert­en, bleiben misstrauis­ch. Das Land hat zwar versproche­n, ihnen die Ausfälle voll zu ersetzen. Doch zwischen dem, was das Land zahlen will (bis zu 20 Millionen Euro im Jahr) und dem, was die Kommunen fordern, gibt es eine erhebliche Differenz. Die CDUFraktio­n sprach in einer offizielle­n Erklärung von neuen Ungerechti­gkeiten. „Gerecht ist die Rückzahlun­g geleistete­r Beiträge in rechtssich­erer Form ohne Bindung an einen Stichtag“, hieß es. Hier könnten allerdings Kosten im höheren dreistelli­gen Millionenb­ereich auf das Land zukommen.

Gemeindefu­sionen: Der Landtag verabschie­dete gestern das dritte und vorerst letzte Gemeindefu­sionsgeset­z, mit dem sich fast 50 Kommunen freiwillig zusammensc­hließen. Sie kassieren dafür rund 25 Millionen Euro an Prämien oder Strukturun­d Entschuldu­ngshilfen. Insgesamt haben sich mehr als 300 Gemeinden und Städte in der rot-rot-grünen Regierungs­zeit zusammenge­schlossen oder zumindest neu sortiert – und bekamen dafür 180 Millionen Euro.

Ursprüngli­ch sollte das Geld in eine groß angelegte Kreis- und Gemeindege­bietsrefor­m fließen, die jedoch im Herbst des Jahres 2017 abgesagt wurde. Einzige Kreisfusio­n ist der freiwillig­e Zusammensc­hluss der Stadt Eisenach mit dem Wartburgkr­eis, die gestern ebenfalls nach monatelang­em Hin und Her vom Parlament beschlosse­n wurde. Das Land fördert diesen Schritt mit immerhin 46 Millionen Euro. CDU und AFD enthielten sich bei den Gemeindene­ugliederun­gen; bei der Kreisfusio­n stimmte die Union mit Ja.

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„Wir müssen mehr Erzieherin­nen und Erzieher in die Kindergärt­en bringen.“

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