Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Zu hoch, zu breit, zu schwer
Große Polizeikontrolle in Apolda birgt viele Überraschungen. Sensibilisierung für das Thema „Sekundenschlaf“
Apolda. „Die fährt nicht mehr.“Diesen Satz hört Polizeihauptkommissar Thomas Kießling am frühen Donnerstagmorgen noch von seinem Kollegen, bevor der dann schon zur nächsten Kontrolle verschwindet.
Gemeint ist eine Frau, die von Beamten in Oberroßla angehalten wurde. Dort haben sich acht Polizisten, ein Team des Landratsamtes Weimarer Land und ein Kontrolleur des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) eingefunden. Abseits der Autobahn sollen vor allem Kleintransporter überprüft werden.
Genau in einem solchen Fahrzeug sitzt die Frau, von der eingangs schon berichtet wurde. Sie hat Fleisch, Gemüse, Konserven geladen. Schon der Moment, als sie – aus Richtung Mellingen kommend – angehalten wird, lässt die Beamten ahnen: Hier kann etwas nicht stimmen. Die hintere Achse des Fahrzeuges ist schon auf den ersten Blick überlastet. Die Fahrzeugwaage, die nur ein paar Meter weiter aufgebaut wurde, zeigt dann das eindeutige Ergebnis: 3790 Kilogramm. Ein Blick in die Fahrzeugpapiere macht klar, dass das Gefährt maximal 3000 Kilogramm hätte wiegen dürfen.
Für die Fahrerin und auch den Halter des Fahrzeuges wird es nun teuer. Ein Punkt und ein sattes Bußgeld drohen ihr. Zu allem Überfluss für sie muss sie dann auch noch zwei Stunden warten, bis ein anderes Fahrzeug aus ihrer Firma nach Apolda kommt und die zu viel geladene Ware aufnimmt.
Auch ein Lkw-fahrer, den die Beamten zeitgleich in der Mangel haben, wird wohl noch größere Probleme bekommen, als die Frau mit dem überladenen Transporter. Die Beamten stellen fest, dass keine Fahrerkarte gesteckt ist, als sie ihn kontrollieren. Dass sollte überhaupt nicht möglich sein, funktioniert in diesem speziellen Fall aber offenbar doch.
Eingeleitet wird darauf hin ein Verfahren wegen des Verdachts der Manipulation eines technischen Aufzeichnungsgerätes. Das wäre, sagt Thomas Kießling, der die Kontrolle leitet, „eine klare Straftat“.
Zusätzlich zu diesem Verdacht weißen die Polizisten dem Fahrer auch noch die Überschreitung der zulässigen Lenkzeit nach.
Darum geht es an diesem groß angelegten Aktionstag in ganz Thüringen vordergründig. Denn der Sekundenschlaf, sagt Thomas Kießling, sei immer noch eine der Hauptunfallursachen. Um die Fahrer zu sensibilisieren werden auch Flyer verteilt – einige in polnischer Sprache, denn die meisten der Lkw-fahrer sprechen kein Wort Deutsch.
Viele der kontrollierten Brummis kommen von internationalen Speditionen, sind hier abseits der Autobahn unterwegs. Entweder wollen sie alsbald zuladen oder abladen. So wie der junge Pole, der gerade mit seinem 40-Tonner aus Richtung Mellingen auf die Kontrollstelle zufährt und prompt angehalten wird. Auf den ersten Blick sehen die Beamten ein gepflegtes Fahrzeug. Auch ein Blick in den Auflieger wirkt überzeugend. Die 40 Tonnen Stahlrohre, die der junge Mann kutschiert, sind bestens gesichert. Und dennoch: Ohne Ordnungswidrigkeitsbescheinigung kommt er nicht davon. Denn das Auflieger ist ganze vier Meter und vier Zentimeter hoch – und damit vier Zentimeter zu hoch. Bei den Fahrzeugmaßen gilt null Toleranz.
Das Gefahrgut-paket ist nicht extra gesichert
Die legen die Beamten auch nicht bei einem Paketboten aus der Region an den Tag, dessen Ladungssicherung nahezu nicht vorhanden ist. Als er seinen Transporter öffnet erblicken die Beamten in aller Deutlichkeit, dass manches Paket wohl bei dem ein oder anderen Bremsmanöver herumgepurzelt sein muss. Obenauf liegt ein Päckchen, das die Aufmerksamkeit der Beamten besonders auf sich zieht – es handelt sich um Gefahrgut. Das Päckchen ist weder besonders gesichert noch besonders verpackt. Der Paketbote versucht sich damit zu rechtfertigen, dass sein Chef doch ihm auftrage, was zu tun sei. Der kontrollierende Beamte nickt verständnisvoll, gibt ihm aber zu verstehen: „Auch Sie haben einen Führerschein gemacht.“
Das geht noch ein paar Stunden so weiter. Die Frau vom Morgen, die auf die Umladung ihre Ware warten musste, ist zwischenzeitlich ebenfalls weitergefahren.