Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Klage über Ellenbogen-gesellschaft
30- bis 59-Jährige blicken laut einer Studie düster in die Zukunft. Dabei geht es ihnen selbst gut
Berlin. Der Wind wird rauer, der Ton schärfer. Und am Ende ist sich jeder selbst der Nächste. Es ist kein schönes Bild von der Gesellschaft, das sich abzeichnet in der „Generation Mitte“-studie des Allensbach-instituts, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Aber genau so empfinden offenbar immer mehr Menschen das Klima in Deutschland.
Nach Jahren des Aufschwungs hält die mittlere Generation in Deutschland ihre wirtschaftliche Lage für so gut wie lange nicht. 44 Prozent der 30- bis 59-Jährigen meinen, dass es ihnen finanziell heute besser geht als vor fünf Jahren, wie die repräsentative Umfrage ergab. Nur 16 Prozent sprechen dagegen von einer Verschlechterung. Das sind die besten Werte, seit das Institut die „Generation Mitte“für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft befragt.
Dennoch gibt es eine „merkwürdige Diskrepanz“, wie Allensbach-chefin Renate Köcher sagt. Denn bundesweit stimmten gleichzeitig die meisten Befragten der Aussage zu, dass Aggressivität, Zeitdruck, Egoismus in der Gesellschaft zunähmen. Der Respekt sinke, gute Manieren verlören an Bedeutung, die Ungeduld wachse – jeweils zwei Drittel bis vier Fünftel aller Befragten sehen es so. Die Menschen erlebten Aggressivität vor allem im Straßenverkehr, viele aber auch auf öffentlichen Plätzen, in Bussen und Bahnen sowie im Internet. Die Beschleunigung von Debatten durch sogenannte soziale Netzwerke wie Whatsapp und Twitter spielt demnach eine Rolle. Es werde viel stärker impulsgetrieben kommuniziert, sagt Köcher.
Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zeichnen sich noch immer unterschiedliche Perspektiven ab: Während in Westdeutschland nur jeder Dritte der Meinung war, dass die Herkunft aus Ost- oder Westdeutschland Menschen voneinander trennt, lag dieser Anteil unter den Befragten aus dem Osten bei 55 Prozent. Sie waren außerdem häufiger der Meinung, dass die politische Einstellung als spaltender Faktor wirkt.
Ein Signal, bei dem man aufhorchen sollte, sagt Köcher. „Ich glaube, dass wir uns mit dem Thema politische Polarisierung und politische Diskussionskultur ganz intensiv beschäftigen müssen“, sagt sie. Einigkeit herrscht laut Umfrage übrigens insofern, als das in beiden Landesteilen Menschen den Eindruck haben, dass der soziale Zusammenhalt in den vergangenen Jahren schwächer geworden ist. (tma/mir)