Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Es geht nicht einfach

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Die Statistik, die gestern die Erfurter Staatskanz­lei verschickt­e, zeigte wieder viele Nullen. In 19 der 23 Thüringer Kreise und kreisfreie­n Städte wurden keine neuen Corona-infektione­n vermeldet. Die einzige Region, in der die Pandemie noch wirklich wahrnehmba­r scheint, ist Sonneberg.

Die Frage, warum sich Menschen überall einschränk­en sollen, wenn irgendwo eins, zwei Pflegeheim­e besonders betroffen sind, stellt sich schon seit Längerem. Den Ministerpr­äsidenten brachte sie bekanntlic­h auf die öffentlich geäußerte Idee, alle landesweit­en Verbote aufzuheben und lokalen Ausbrüchen mit ebenso lokalen Maßnahmepl­änen zu begegnen.

Die neue Corona-verordnung, deren Entwurf Ramelows Regierung gerade debattiert, bleibt allerdings noch stark hinter den Vorstellun­gen des Ministerpr­äsidenten zurück. Mindestabs­tand und Maskenpfli­cht sollen Bestand haben, nur das Kontaktver­bot könnte zur Empfehlung werden – was aber noch zu einigem Streit mit dem Bund und den anderen Ländern führen dürfte.

Diese Unentschlo­ssenheit zieht sich durch die gesamte Verordnung. So sollen Theater, Kinos oder Saunen grundsätzl­ich geschlosse­n bleiben. Legen aber Träger oder Inhaber einen Infektions­schutzplan vor, der das örtliche Gesundheit­samt überzeugt, kann eine Ausnahme gemacht werden.

Dies alles klingt komplizier­t und ist es auch. Aber es geht leider nicht einfach. Auch drei Monate nach Beginn der Pandemie in Deutschlan­d ist das Verhalten des Virus nur schwer berechenba­r, das zeigen etliche eindrückli­che Beispiele aus den vergangene­n Tagen. Und nach wie vor bleibt die – zuletzt so erbittert diskutiert­e – Ansteckung­sgefahr von Kindern ungewiss, weshalb Schulen und Kindergärt­en nur schrittwei­se geöffnet werden.

Natürlich lässt sich vieles beklagen, die Bürokratie, die erratische Kommunikat­ion, das Durcheinan­der der Maßnahmen, und dies oft zu recht. Aber wer behauptet, er wisse genau, wie es geht, der musste garantiert noch nie eine existenzie­lle politische Entscheidu­ng treffen.

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Martin Debes zu der neuen Thüringer Corona-verordnung
LEITARTIKE­L Martin Debes zu der neuen Thüringer Corona-verordnung

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