Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Lufthansa ist bereit zur Rettung

Airline einigt sich mit Wettbewerb­shütern und nimmt Milliarden­hilfen an. Aktionäre müssen noch zustimmen

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Die Rettung der Lufthansa ist nach wochenlang­em Ringen auf der Zielgerade­n. Über das Pfingstwoc­henende einigte sich Europas größte Fluggesell­schaft mit den Wettbewerb­shütern der Eu-kommission. Am Montag stimmte der Aufsichtsr­at des Konzerns den Bedingunge­n für das neun Milliarden Euro schwere Hilfspaket zu. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zu einer der größten Rettungsak­tionen für ein Unternehme­n in der Corona-krise.

Woran hakte die Einigung? Bundesregi­erung und Lufthansa hatten sich vor einer Woche auf das Rettungspa­ket geeinigt: Der Staat steigt mit einen Anteil von zunächst 20 Prozent bei der Lufthansa ein, leistet eine stille Einlage über 5,7 Milliarden Euro und ermöglicht über die Staatsbank KFW einen Kredit über drei Milliarden Euro. Die Wettbewerb­shüter der Eu-kommission meldeten allerdings Bedenken an: Der Europäisch­e Marktführe­r habe an seinen Drehkreuze­n Frankfurt/main und München eine beherrsche­nde Stellung und müsse bis zu 20 Flugzeuge sowie rund 80 Start- und Landerecht­e an Wettbewerb­er abgeben.

Die Lufthansa sah ihr Geschäftsm­odell gefährdet: Mit Zubringerf­lügen zu Drehkreuze­n füllt sie große Langstreck­enjets. Mit den Eu-auflagen falle es umso schwerer, zurück zur Rentabilit­ät zu finden und die Hilfskredi­te schnell zu tilgen. Gewerkscha­ften eilten Lufthansa zur Seite. Der Konzern muss ohnehin mindestens zehntausen­d der 138.000 Arbeitsplä­tze abbauen. Je strenger die Eu-auflagen, umso höher die zusätzlich­en Verluste. Zudem profitiere­n von den Bestimmung­en nach Gewerkscha­ftsangaben vor allem Billiganbi­eter, die ihr Personal zu schlechter­en Bedingunge­n als die Lufthansa beschäftig­en.

Was bedeutet der Kompromiss für die Lufthansa?

Die Einigung mit den Wettbewerb­shütern sieht vor, dass die Lufthansa acht Flugzeuge mit 24 Start- und Landerecht­en abgeben muss. Aufsichtsr­atschef Karl-ludwig Kley sprach von einer „sehr schwierige­n Entscheidu­ng“. Das Kontrollgr­emium hatte wegen der drohenden Auflagen aus Brüssel in der vergangene­n Woche vorläufig die Zustimmung verweigert und damit die Rettung

infrage gestellt. Lufthansac­hef Carsten Spohr sagte, es müsse das Ziel sein, die Spitzenpos­ition im Luftverkeh­r zu verteidige­n. „Für diese Perspektiv­e sind wir allen an der Stabilisie­rung Beteiligte­n, inklusive unseren Kunden, Mitarbeite­rn und Aktionären, dankbar.“Die Kredite und Einlagen über neun Milliarden Euro will der Konzern so schnell wie möglich zurückzahl­en.

Lufthansa war vor der Coronakris­e hochprofit­abel – derzeit verund es bis dahin deutliche Überkapazi­täten gibt. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich zufrieden. Dies sei „ein Kompromiss, mit dem alle Beteiligte­n leben können“, sagte er in der ARD.

Die erzielte Einigung sei eine „sehr zweischnei­dige Geschichte“, sagte dagegen Nicoley Baublies, Geschäftsf­ührer der Flugbeglei­ter-gewerkscha­ft Ufo, unserer Redaktion. Es sei richtig, dass die Eu-kommission darüber wache, ob der Wettbewerb fair ist. „Das ist er allerdings im Luftverkeh­r nicht – und das ganz häufig zu Ungunsten der tarifieren­den Airlines wie einer Lufthansa, Eurowings oder Condor“, so Baublies. Daher sei es den Mitarbeite­rn „nur ganz schwer zu vermitteln, dass in dieser Situation die Eukommissi­on auch noch Auflagen gemacht hat“.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Aufsichtsr­at der Lufthansa hat die Aktionäre des Konzerns zu einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung am 25. Juni eingeladen. Die Anteilseig­ner müssen dem Rettungspl­an zustimmen. Da für den Einstieg des Staats neue Aktien ausgegeben werden, führt dies zu einer Entwertung der bisherigen Anteile. Ohne Rettungspa­ket droht eine Insolvenz des Konzerns, daher gilt eine Annahme als sicher. Auch die förmliche Genehmigun­g aus Brüssel steht noch aus. Zudem warten Hunderttau­sende Kunden auf die Erstattung stornierte­r Tickets im Wert von 1,8 Milliarden Euro.

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FOTO: A. DEDERT / AFP Der Großteil der Flotte steht derzeit am Boden. Langsam wird der Betrieb wieder hochgefahr­en.

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