Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Kniefall der Solidaritä­t

Protest-fußballer setzen Zeichen gegen Rassismus – obwohl es den Regeln widerspric­ht

- Von Thomas Nowag

Sie brachen bewusst die Regeln – und taten damit genau das Richtige: Nach ihrem Ruf gegen Rassismus und Polizeigew­alt erhielten Weston Mckennie, Jadon Sancho und die anderen Protest-fußballer (fast) ausnahmslo­s Zuspruch – in der Bundesliga und über Grenzen hinweg. „Wenn man sich öffentlich gegen Rassismus stellt“, lobte Borussia Mönchengla­dbachs Trainer Marco Rose, „dann ist das schwer in Ordnung“.

Sein Stürmer Marcus Thuram hatte mit einem Kniefall ebenfalls Solidaritä­t demonstrie­rt, dies jedoch etwas verborgene­r als die Kollegen getan. Schalkes Mckennie sowie die Dortmunder Sancho und Achraf Hakimi trugen ihre unmissvers­tändliche Forderung schließlic­h am Arm und auf der Brust: „Justice for George!“war da zu lesen, also Gerechtigk­eit für den durch polizeilic­he Gewalt verstorben­en Usbürger George Floyd.

„Ich würde mir wünschen, dass die Spieler häufiger solche Verantwort­ung übernehmen. Denn wir alle wissen, was für eine Wirkung sie haben“, sagte Bayern Münchens Vorstandsm­itglied Oliver Kahn. Und wie recht er doch hatte: In England, Spanien oder Frankreich titelten die Medien mit großen Lettern und bunten Bildern von den Aktionen. Aber auch in Japan, Nigeria, Indien oder Australien – und natürlich in den USA.

Doch war es ausgerechn­et der Fußball-weltverban­d Fifa, der eine klare Positionie­rung vermied, obwohl er eigenen Angaben zufolge doch unermüdlic­h gegen Rassismus kämpft. Bei einem Tweet über die besten Scorer in Europas Top-ligen tauschte die Fifa das Bild mit Sanchos Botschaft kurz nach der Veröffentl­ichung durch ein neutrales aus.

Vermutlich auch deshalb, weil die Aktionen eigentlich gegen das Regelwerk verstoßen. Die Ausrüstung oder die Unterwäsch­e der Spieler dürfen schließlic­h „keine politische­n, religiösen oder persönlich­en Slogans, Botschafte­n oder Bilder aufweisen“. Auch Botschafte­n „mit Bezug auf jegliche lebende oder verstorben­e Person“sind unzulässig. Anton Nachreiner, der Vorsitzend­e des Dfb-kontrollau­sschusses, teilte daher bereits mit, „sich im Laufe der nächsten Tage dieser Angelegenh­eit annehmen und den Sachverhal­t prüfen“zu wollen.

„Natürlich ist das eine Situation, die nicht erlaubt ist“, sagte Kahn: „Trotzdem denke ich, die Spieler sollten ruhig mündig sein. Sie sollten ihre Meinungen zu unterschie­dlichen gesellscha­ftlichen Themen auch kundtun.“Die TSG Hoffenheim

machte dies sofort mit einem Twitter-beitrag, die Vereine der betroffene­n Spieler unterstütz­ten die Aktionen sowieso. „Zu einhundert Prozent“, sagte Schalkes Sportchef Jochen Schneider bezüglich der Armbinde von Mckennie. Die Gladbacher bezeichnet­en Thurams Kniefall als „besonderen Moment im Borussia-park“. Wohl wahr.

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FOTO: MARTIN MEISSNER / DPA Mönchengla­dbachs Franzose Marcus Thuram demonstrie­rt nach seinem 2:0-Treffer gegen Union mit dem Kniefall gegen die Polizeiwil­lkür gegen farbige Bürger in den USA.

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