Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Grüner Hochmut

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Das moralische Podest, von dem aus die grüne Landespart­ei zu den gewöhnlich­en Menschen spricht, ist traditione­ll besonders hoch. Aber es geht immer noch höher.

Nachdem das Kabinett am Dienstag beschlosse­n hatte, 500 Menschen aus den überfüllte­n Flüchtling­slagern in Griechenla­nd nach Thüringen zu holen, veröffentl­ichte die Parteispit­ze eine Erklärung, in der sie ihren eigenen Migrations­minister würdigte, um dann gegen den sozialdemo­kratischen Koalitions­partner zu ätzen.

Die Einigung sei einer rot-rot-grünen Regierung „nicht würdig“.“, teilte Ann-sophie Bohm-eisenbrand­t mit. Denn: „Wenn es um Menschenle­ben geht, sollten Humanismus und entschloss­enes Handeln eine Selbstvers­tändlichke­it sein.“Leider, leider habe „die SPD unseren Vorschlag blockiert, 2000 Menschen in Thüringen in Sicherheit zu bringen“.

Das ist purer Hochmut. Zum einen hatten viele Politiker der SPD, darunter die Jusos, für das Programm geworben. Zum anderen plante der grüne Minister ursprüngli­ch selbst mit 500 Flüchtling­en. In seiner ersten Kabinettsv­orlage stand exakt diese Zahl.

Und zur Sache: Ja, die Situation auf den Mittelmeer­inseln bleibt skandalös. Die Europäisch­e Union versagt wieder einmal dabei, so etwas wie eine gemeinsame Flüchtling­spolitik hinzubekom­men. Deshalb ist es grundsätzl­ich richtig, wenn Thüringen an den Bund ein Signal der Solidaritä­t sendet.

Doch ob ein eigenes Landesprog­ramm den Betroffene­n hilft, ist zweifelhaf­t. Nicht nur, dass die nötige Zustimmung des Bundesinne­nministeri­ums und der CDU im Landtag völlig ungewiss ist: Auch die zentralen rechtliche­n und organisato­rischen Fragen wurden bisher nicht beantworte­t.

Die Grünen in Hessen, die mit der CDU regieren, gehen einen anderen Weg. Die dortige Regierung erklärte sich gerade gegenüber Berlin bereit, 100 Flüchtling­skinder aus Griechenla­nd aufzunehme­n. Das ist deutlich leichter zu organisier­en – klingt aber natürlich nicht so schön moralisch überlegen.

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LEITARTIKE­L Martin Debes über das geplante Flüchtling­sprogramm

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