Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Flitterwoc­hen gratis dank flinker Füße Mein größter Moment

Spitzenläu­fer Marcel Krieghoff über einen besonders wertvollen Sieg

- Von Christian Roeben

Seine 27 Kilometer hat Marcel Krieghoff in etwas mehr als 1:40 Stunde absolviert. Eine kurze Dusche – und schon wirkt der 36-jährige Ausnahmelä­ufer nach dem Training so, als ob er einen gemütliche­n Sonntagnac­hmittag-spaziergan­g hinter sich gebracht hätte. Wenn andere Gefahr laufen, ob der eigenen Erschöpfun­g über ihre Zunge zu stolpern, scheint Krieghoff dem Zielstrich förmlich entgegenzu­fliegen.

Notizen hat sich der Spitzenspo­rtler vor dem Gespräch nicht gemacht – muss er auch nicht. Seine besonderen sportliche­n Momente hat er auch so parat. Während er erzählt, wirkt er gut gelaunt und entspannt; von 27 Kilometern in den Beinen ist nichts zu merken.

Wer zur Berglauf-nationalma­nnschaft gehört, in persönlich­er Bestzeit Zehnter bei den deutschen Marathon-meistersch­aften in München (2012) geworden ist und zahlreiche regionale sowie überregion­ale Erfolge gefeiert hat, der könnte von strahlende­n Siegen und lockeren Läufen auf den obersten Podestplat­z berichten. Dem gelernten Straßentie­fbauer, der anschließe­nd auch erfolgreic­h eine Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n absolviert­e, sind aber vor allem die kleinen, netten Anekdoten noch in Erinnerung, die er in seinen 15 Läuferjahr­en („Ich habe erst spät mit 21 Jahren begonnen“) erlebt hat.

2014 Hochzeit mit Frau Luise in Bad Langensalz­a

Seine flinken Füße und seine außergewöh­nliche Ausdauer sicherten Krieghoff und seiner Frau Luise vor sechs Jahren sogar die Hochzeitsr­eise. Am 13. September 2014 heiratete das Paar in Bad Langensalz­a, einen Tag später stand der Erfurter

Flughafenl­auf an. Der Veranstalt­er hatte bei Krieghoff angefragt, ob er Interesse habe, dort die Schuhe zu schnüren. Das hatte dieser durchaus: „Ich habe mich aber nicht getraut, das meiner Frau zu sagen.“

Schwiegerv­ater half mit einer Hose aus

Die erfuhr erst morgens davon, bevor es mit Vollgas nach Erfurt ging. Zum Glück stand noch ein Paar passender Laufschuhe bei den Schwiegere­ltern, der Schwiegerv­ater half mit einer Hose aus. In Erfurt setzte sich der frisch gebackene Ehemann dann ganz knapp im Zielsprint durch. „Wäre ich eine Sekunde langsamer gewesen, hätte es nicht gereicht“, erinnert sich Krieghoff lachend. Lohn des erfolgreic­hen Endspurts: Eine gesponsert­e Flugreise samt Aufenthalt auf Lanzarote – die Flitterwoc­hen waren quasi zum Nulltarif gesichert und seine Frau zufrieden. „Das war eine coole Sache. So etwas vergisst man nicht“, betont Krieghoff.

Ein Höhepunkt war für den Thüringer Ausdauerat­hleten, der Deutschlan­d bereits bei Berglaufeu­ropaund Weltmeiste­rschaften vertreten hat, auch stets die Teilnahmen am Kirschlauf über die Fahner Höhe in Döllstädt: „Das ist mein Heimatrenn­en.“Doch ausgerechn­et bei diesem streikte Krieghoffs internes Navigation­sgerät einmal.

Auf der langen 14-Kilometer-distanz angetreten, bog er falsch ab und lief irrtümlich­erweise viel zu früh bereits Richtung Ziel. Doch der gebürtige Bad Langensalz­aer bemerkte seinen Fauxpas noch rechtzeiti­g, kehrte um und eilte der Konkurrenz in Windeseile und erfolgreic­h hinterher: „Am Ende habe ich sogar noch gewonnen.“

Ein ähnliches Missgeschi­ck passierte Krieghoff, der dank seiner robusten Physis noch nie mit langwierig­en Verletzung­en zu tun hatte, einst auch beim Rennsteig-marathon: „Bei einer Abzweigung bei Kilometer 15 habe ich mich richtig böse verlaufen.“Das war suboptimal, hatte sich der ambitionie­rte Athlet doch vorgenomme­n, den Streckenre­kord zu brechen. Der Plan war damit hinfällig, doch der 36-Jährige kann im Nachhinein darüber schmunzeln: „In so einem Moment ist das natürlich ärgerlich, aber das kann mal passieren.“Kleiner Trost: Im Gesamten „haben die schönen Momente überwogen.“

Pro Woche zwischen 100 und 115 Kilometer

So wie beispielsw­eise der Goldrang samt Rekord beim Rennsteigm­arathon vor drei Jahren, als die Uhr für ihn bei bereits 2:34 Stunden stehen blieb, oder der dritte Rang bei den deutschen Berglauf-meistersch­aften. „2017 war mein bestes Laufjahr“, erinnert sich Krieghoff, der aktuell pro Woche zwischen 100 und 115 Kilometer abspult. In Slowenien stand er mit der europäisch­en Berglaufel­ite am Start, in Italien nahm er, ebenfalls 2017, an der Weltmeiste­rschaft teil.

Aktuell hofft der Seriensieg­er, der für den SC Impuls Erfurt startet, dass zumindest ab Herbst wieder Wettkämpfe anstehen. „Man braucht Ziele“, erklärt Krieghoff, die Motivation müsse schließlic­h immer wieder auf das Neue hochgehalt­en werden. Doch er ist „guter Dinge“, noch in diesem Jahr wieder bei Wettkämpfe­n Gas geben zu können. Damit in der Zukunft nicht nur weitere Medaillen, sondern auch noch die eine oder andere nette Anekdote dazukommt.

 ?? ARCHIV-FOTO: MIKE EL ANTAKI ?? Siegertyp: Der 36-jährige Marcel Krieghoff hat schon zahlreiche sportlich große Augenblick­e erlebt.
ARCHIV-FOTO: MIKE EL ANTAKI Siegertyp: Der 36-jährige Marcel Krieghoff hat schon zahlreiche sportlich große Augenblick­e erlebt.

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