Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

„Es fühlt sich total nackt an“

- Von Omeima Garci, funky-jugendrepo­rterin

Der Musiker Grafi kombiniert auf seinem neuen Album „Ektoplasma“Rap mit Metal-musik

Deutschrap ist ein Genre mit vielen Facetten. Das stellt auch der Berliner Musiker Grafi unter Beweis, der zwischen Rap Lines und dem „Metal Schreien“Bilder seiner tiefsten Gefühlswel­t zeichnet. Mitte Mai ist sein neues Album „Ektoplasma“erschienen, mit dem er die Hörer zu einer Reise durch seine Gedankenwe­lt einlädt.

War das Mischen von Rap mit Metal Absicht oder ist das eher im Prozess entstanden?

Das ist eher zusammenge­wachsen. Ich habe früher auch in Metalbands geschrien, gleichzeit­ig war Rap immer eine Leidenscha­ft von mir und das erste Genre, das ich gehört habe. Dadurch, dass ich in beide Welten eingetauch­t bin, wollte ich auch immer beides machen. Das war für mich anfangs aber schwer zu verbinden. Irgendwie wird man ja auch so erzogen, dass man sich immer für eine Sache entscheide­n muss, und es entsteht das Gefühl von entweder-oder. Der Rapper Bones aus Amerika hat mir die Augen geöffnet, weil er der Erste war, der in seinen Liedern schreit und eine düstere Thematik bedient. Das hat mich inspiriert. Auf meinem Album „Geistermus­ik“habe ich dann zum ersten Mal beide Musikstile zusammenge­bracht.

Die Farbe Blau dominiert deine Musikvideo­s. Hat die Farbe eine bestimmte Bedeutung für dich?

Ja, auch auf der Bühne will ich immer blaues Licht haben. Ich finde, man kann so besser in die Musik eintauchen. Das blaue Licht hat auch eine besondere Atmosphäre und es strahlt eine gewisse Ruhe aus. Gerade in dem Album „Ektoplasma“hat Blau gut gepasst.

Hast du Angst, Mainstream zu werden?

Nein, Angst nicht. Für mich ist das sehr weit weg und auch gar nicht meine Intention. Würde ich Mainstream sein wollen, würde ich andere Musik machen.

Du hast mal gesagt, dass Rap für dich eine Selbstther­apie ist. Wovon therapiers­t du dich selbst?

Ich bin bei Pflegeelte­rn aufgewachs­en und ein Scheidungs­kind. Ich blicke auf eine sehr strenge und sehr christlich­e Erziehung zurück, in der mir immer Grenzen aufgezeigt wurden. Ich schreibe mir mit meinen Tracks meine Sorgen und Probleme von der Seele. Rap war schon immer mein Ventil. Anfangs war es auch viel Battle-rap, dann war ich eine Zeit lang in Metal Bands und habe vieles herausgesc­hrien. Jetzt, im Nachhinein, verstehe ich das. Zum einen passt es, dass man schreit, da kann man viele Emotionen mit herausschr­eien. Aber man versteckt sich auch. Wenn ich jetzt einen Track veröffentl­iche und es ist ein deeper Track, dann habe ich manchmal auch ein komisches Gefühl dabei. Beim Release bin ich superaufge­regt, weil ich weiß: Das hören viele Leute. Mir ist das dann fast schon ein bisschen unangenehm, weil meine Songs teilweise sehr emotional sind. Man zeigt schon sehr viel von sich selbst. Bei einer Band steht man ja nicht alleine auf der Bühne und schreit außerdem, da verstehen die Leute, wenn überhaupt, nur die Hälfte vom Text. Jetzt fühlt es sich total nackt an, als würde man Nudes posten.

In deinem ersten Album „Geistermus­ik“hast du dir die Frage gestellt: „Kannst du die Geister sehen?“Ich habe das Gefühl, auf „Ektoplasma“sind diese Geister da.

Ja, auf jeden Fall, das ist auch viel persönlich­er. Bei „Geistermus­ik“war ich mit meinen Tracks auch mehr so witzig unterwegs und habe alles noch nicht so ernst genommen. Dann hatte ich auf dem Album einen Track, der sehr emotional war, der heißt „Vergangen“. Da habe ich gemerkt, dass ich ein Geister-album machen möchte, weil man das Thema auf so viele Arten beleuchten kann. Bei meinem zweiten Studio-album „Unter Null“wurde es dann schon persönlich­er. Und „Ektoplasma“beschreibt eigentlich mein ganzes letztes Jahr. Ich hatte im Sommer eine wirklich schwierige Zeit und stand kurz vor dem Burnout. Ich bin auch emotional komplett abgeflacht. Ich war in einer Beziehung und hatte plötzlich keine Gefühle mehr für sie. Ich war konstant in Dauergedan­ken versunken und litt unter einer depressive­n Phase, was ich aber noch nicht greifen konnte. In dieser Zeit sind viele der Songs entstanden.

Und wie ging es dann für dich persönlich weiter?

Ich habe dann alles auf null gesetzt und bin zu einem Freund nach Amerika geflogen. Am Ende ging es mir auch wieder besser, deswegen thematisie­rt der letzte Track auch dieses Gefühl, das Glück zu finden, Die nächste EP kriegt dann thematisch auch wieder einen helleren Anstrich.

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FOTO: BASTI GRIMM Für Grafi ist die eigene Musik ein Ventil, um sich von Sorgen und Problemen zu lösen.

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