Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Alexandra Rieger siegt in Nordhäuser Wahlkrimi
Parteikollegin Jutta Krauth (SPD) verliert und muss Bürgermeisteramt im Januar abgeben
Nordhausen. 13 – diese Zahl gereicht Alexandra Rieger am Dienstagabend zum Sieg. Als Stadtratsvorsitzende Tilly Pape (CDU) diese Stimmenzahl nennt, weicht die Anspannung einem erleichterten Lächeln, geht einer von Riegers Daumen kurz nach oben: Die junge Sozialdemokratin und erfahrene Verwaltungsexpertin hat die Bürgermeisterwahl in Nordhausen gewonnen. Amtsinhaberin Jutta Krauth (SPD) muss angesichts von nur sechs Stimmen den zweitwichtigsten Posten im Rathaus nach sechs Jahren im Januar räumen.
Der Wahlsieg Riegers allerdings ist keineswegs ungetrübt: Es brauchte zwei Wahlgänge. Außerdem gab es zahlreiche ungültige Stimmen: Von den anwesenden 32 Stadträten wollten im ersten Wahlgang 14 keine der drei Kandidatinnen Rieger, Krauth und Annette Merz (CDU) unterstützen, während Merz eine einzige Stimme bekam, Krauth sechs und Rieger elf. In der darauffolgenden Stichwahl waren es immer noch 13 ungültige Stimmen – gegenüber 19 gültigen.
Nach der Wahl beglückwünschen Alexandra Rieger Vertreter aller Fraktionen. Unter ihnen auch Dominik Rieger (SPD), ihr Mann: Kurz nehmen beide ihre Masken ab, umarmen und küssen sich. Groß ist des Gatten Freude und Stolz, groß auch seine Erleichterung. „Nervenaufreibend“seien die vergangenen Wochen gewesen, sagt er und spricht von einer „Schlammschlacht“.
Jutta Krauth hatte die Wählbarkeit Riegers mit Blick auf die Stellenausschreibung angezweifelt, war vor Gericht gezogen.
„Es wird sicher stressig für Alex, es wird nicht nur Lobhuldigungen geben“, ahnt Dominik Rieger. Auf die vielen ungültigen Stimmen angesprochen, erinnert die designierte Bürgermeisterin an das „Gerangel um den Posten“, an die Hürden in der Ausschreibung, die zu hoch waren für manch einen wie Patrick Grabe (CDU).
Annette Merz (CDU), die Juristin aus Wolfsburg, wiederum überzeugte selbst in der Unionsfraktion maximal einen. Jutta Krauth, 2015 noch von der CDU selbst ob ihrer Finanzkompetenz vorgeschlagen und letztlich vom Stadtrat mehrheitlich ins Bürgermeisteramt gewählt, warf vergebens „Entschlossenheit und Erfahrung“sowie „Führungskompetenz, Einsatzbereitschaft und Durchsetzungsvermögen“in die Waagschale.
Die Stadt Nordhausen gestalten und nicht nur verwalten
„Es geht mir um Menschlichkeit, um Ansprechbarkeit. Gemeinsam – Stadtrat und Verwaltung mit dem OB und vielleicht mir als Bürgermeisterin – sollten wir die Stadt gestalten und nicht nur verwalten“, setzt Rieger bewusst einen Kontrapunkt am Ende ihrer Rede.
„Wir sollten die Stadt nicht immer kleinreden. Nordhausen ist ein Leuchtturm im Landkreis und über dessen Grenzen hinweg“, ist Rieger überzeugt. Beim Tourismus wolle sie die Stadt „weiter nach vorn bringen“, dafür müsse die Stadtinformation „auf ein neues Level gesetzt“werden. Die Stadtentwicklung sei ihr sehr wichtig, diese müsse mit einer Verkehrsplanung einhergehen.
Zu möglichen Fördertöpfen kenne sie sich aus, sagt sie und nennt ihre Kontakte in die Landespolitik. In puncto Bürgerservice sei die Erreichbarkeit auch auf dem Weg jenseits neuer Medien das A und O.
Nicht zuletzt liegen ihr Kultur und Sport am Herzen. Fast wehmütig erinnert sie an diverse Feste auf dem Petersberg, die sie mitorganisierte, nachdem sie bei der Neuen Mitte Gmbh ihre berufliche Karriere als Assistentin des damaligen Geschäftsführers Matthias Jendricke (SPD) begann.
Mit ihm wechselte sie 2015 ins Landratsamt, wurde Stabsleiterin – und geht nun wieder zurück in die Stadtverwaltung. Jendricke, sagt sie, werde ihre Wahl mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen. Kommentar