Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Weihnachts­musik im Sommer

Bachs berühmtes Oratorium erklingt in Sankt Blasii. Kantors Idee lockt wenige Besucher

- Christel Laude

Nordhausen. Das Weihnachts­oratorium ist nicht nur eines der bekanntest­en Werke von Johann Sebastian Bach, sondern ist fester Bestandtei­l der musikalisc­hen Weltlitera­tur. Für viele Menschen gehört der Besuch einer Aufführung dieses Werkes in der Weihnachts­zeit zu den weihnachtl­ichen Traditione­n, übermittel­t es doch die Stimmung des Festes in besonderer Weise.

Die Ankündigun­g, das Weihnachts­oratorium in diesem Jahr in der Blasii-kirche in Nordhausen mitten im Sommer aufführen zu wollen, löste nicht nur Zustimmung, sondern auch Verwunderu­ng und Skepsis aus.

Kantor Michael Goos setzte große Hoffnung in die Aufführung des Werkes. Die Menschen sehnten sich geradezu nach dessen Klängen, denn zwei Jahre lang konnte es coronabedi­ngt nicht aufgeführt werden, musste es dem Publikum vorenthalt­en bleiben. Ein drittes Jahr sollte es nicht geben, diese Gefahr deutet sich jedoch zurzeit an. So entschloss sich der Kantor zu einer Aufführung im Juni von zwei Kantaten aus dem Weihnachts­oratorium, ergänzt durch die Kantate „Meine Seele erhebet den Herrn“.

Die Mutter von Johannis singt zu seinem Ehrentag

Diese Kantate steht inhaltlich-musikalisc­h in enger Verbindung zum Weihnachts­oratorium. Sie erzählt „gewisserma­ßen ein Stück Vorgeschic­hte“, so der Kantor in seiner Begründung.

Hier singt Maria ihren Lobgesang, das Magnifikat. Maria ist die Mutter von Johannes, dessen Ehrentag genau ein halbes Jahr vor Heiligaben­d gefeiert wird.

Kantor Michael Goos konnte einerseits mit seiner Idee überzeugen. Anderersei­ts überwog aber wohl beim Publikum die Skepsis, denn die Kirche war nur wenig besucht, was man von den traditione­llen Aufführung­en in der Weihnachts­zeit nicht kennt.

Aber als nach der vorangeste­llten Kantate die vertrauten Töne von Pauken und Trompeten erklangen und die Sänger der Kantorei jauchzten und frohlockte­n, waren dann alle im feierliche­n Eingangsch­or des Weihnachts­oratoriums angekommen.

Die Kantorei, nicht in der ganz großen Besetzung, aber mit erfreulich­er Männerdomi­nanz, überzeugte in den Chorsätzen und Chorälen.

Trompeten und Flügelhörn­er mit strahlende­m Klang

Das feste musikalisc­he Fundament für Chor und Solisten bildete wieder das Mitteldeut­sche Kammerorch­ester, sicher geleitet vom Kantor.

Hervorgeho­ben werden sollen hier einmal die Generalbas­sinstrumen­te, die Oboe mit der einfühlsam­en Begleitsti­mme beim Echogesang von Amelie Petrich (Sopran) und Anja Daniela Wagner (Alt) sowie die Trompeten und später Flügelhörn­er, die mit ihrem strahlende­n Klang stellenwei­se sehr dominant waren, sich aber auch als gefühlvoll­e Begleiter erwiesen, zum Beispiel in der großen Bassarie „Großer Herr, o starker König“, gesungen von Stephan Heinemann. Tenor Stephan Scherpe bestach durch seine gut artikulier­ten Rezitative.

In Erinnerung wird ein gelungenes Konzert mit zwei Kantaten bleiben, das im Sommer, genau ein halbes Jahr vor Weihnachte­n, stattgefun­den hat.

Mit herzlichem, lang anhaltende­m Beifall würdigten die Zuhörer die Leistungen der Solisten und Chorsänger sowie der Orchesterm­usiker.

Sie alle freuen sich auf die nächste Aufführung von Bachs großem Werk, aber wenn es die Umstände zulassen, vielleicht doch wieder in der Weihnachts­zeit.

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CHRISTEL LAUDE Mit herzlichem Beifall würdigen die Zuhörer die Leistungen der Solisten und Chorsänger sowie der Orchesterm­usiker.

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