Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Immer mehr Hinweise aus Amerika
Zahl der Dateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt erreicht Höchststand
Erfurt. Die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die in Thüringen bekannt wurden, liegt auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Erfassung der Daten. Laut Kriminalstatistik sind im vergangenen Jahr 2274 Taten bekannt geworden, die unter den Paragraf 184 Strafgesetzbuch fallen.
Bei der Vorstellung der Daten hatte das Innenministerium diesen Anstieg vor allem mit Gesetzesänderungen begründet. Allerdings: Eine von Innenstaatssekretär Udo Götze (SPD) unterzeichnete Antwort auf eine vom Cdu-innenpolitiker Raymond Walk gestellte mündliche Anfrage im Juni-plenum zeigt, dass es noch einen ganz anderen Grund gibt: Die meisten Hinweise zu Dateien mit kinderpornografischen Inhalten erhält das Bundeskriminalamt (BKA) von einer amerikanischen Nichtregierungsorganisation (NGO), dem „National Centre for Missing and Exploited Children (NCMEC)“, heißt es in der schriftlich vorgelegten Antwort. Diese Organisation arbeite mit Internetriesen wie Facebook, Microsoft, Yahoo oder Google zusammen, die wiederum ihre Datenbestände ständig nach Missbrauchsabbildungen untersuchen würden. Dann würden die Daten gelöscht, NCMEC analysiere allerdings anhand der Ipadresse, wo die Daten entstanden sind, und leite seine Informationen dann an die jeweiligen Staaten weiter. Daten, die Thüringen betreffen, werden dann vom Bundeskriminalamt an das hiesige Landeskriminalamt weitervermittelt.
Wie sich das auswirkt, zeigt ein tieferer Blick in die Statistik. So sind im vergangenen Jahr vor allem die
Fallzahlen bei „Verbreitung, Erwerb Besitz und Herstellung kinderpornografischer Schriften“um 120,8 Prozent (+ 430 Fälle) und „Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer Schriften“um 101,9 Prozent (+ 54 Fälle) deutlich angestiegen. Die Zahl der Hinweise der amerikanischen Organisation, heißt es in der Antwort aus dem Innenministerium, seien bereits in den vergangenen Jahren immer stärker angestiegen. „Es ist gut, dass wir in diesem Bereich offenbar eine höhere Aufklärungsquote haben“, sagt der innenpolitische Sprecher der Cdu-fraktion, Raymond Walk, auf Anfrage. Allerdings sieht er skeptisch, dass offenbar insbesondere Daten einer amerikanischen NGO herangezogen werden. „Wir können uns nicht nur darauf verlassen“, sagt er und hegt Zweifel daran, dass alle amerikanischen Daten rechtssicher vor einem deutschen Gericht in einem Verfahren halten würden.
Walk fordert die Entwicklung von Programmen, mit denen das Thüringer Landeskriminalamt in die Lage versetzt wird, die Arbeit der amerikanischen NGO selbst zu realisieren. Wenn eine solche Entwicklung in Thüringen nicht umsetzbar sei, „dann sollten wir das aber zumindest auf der Bund-länder-ebene haben“, sagt der Innenpolitiker. .