Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Tour freut sich auf Spektakel-jahre
Eine junge Generation hat das Kommando im Radsport übernommen. Auch ein Deutscher soll künftig vorne mitfahren
Kopenhagen/paris. Paris war nur ein Vorgeschmack auf Kopenhagen. Nach seinem Tour-triumph wurde Jonas Vingegaard bereits auf den Champs-élysées von zahlreichen Dänen mit Sprechchören gefeiert, am Mittwoch dürfte die Party eskalieren. Dann zeigt sich der schüchterne 25-Jährige auf dem Rathausbalkon von Kopenhagen – der Platz davor dürfte zum Tollhaus werden.
Bereits am Montag strahlten die Titelseiten vieler dänischer Medien im kräftigen Gelb des Maillot Jaune. „Das war die schönste Tour de France aller Zeiten“, resümierte die Boulevardzeitung „B.T.“.
Der schmale Kerl aus Jütland hat sein Land in eine Ekstase versetzt. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Tour im radverliebten Kopenhagen ihren Anfang genommen hatte, triumphiert Vingegaard über den klaren Favoriten Tadej Pogacar.
Was nun auf Vingegaard zukommt, kann er noch gar nicht einschätzen. Vor vier Jahren arbeitete er noch in einer Fischfabrik in Hanstholm, im vergangenen Jahr gab er erst seine beachtliche Tourpremiere mit dem zweiten Platz und vor dem Start in Kopenhagen stand er noch im Schatten von Kapitän Primoz Roglic. Einen großen Karriereplan hat er noch nicht erstellt. „Es ist nicht so, dass ich das Ziel habe, die Tour fünf Mal zu gewinnen. Ich will zurückkommen und versuchen, sie noch einmal zu gewinnen“, sagte der 25-Jährige.
Dann wird er auf einen „sehr motivierten“Tadej Pogacar (23) und weitere namhafte Konkurrenz treffen. Denn eine neue, junge Generation hat im Radsport längst das Kommando übernommen. Der im Winter so schwer gestürzte Ex-tourchampion Egan Bernal (25) dürfte wieder Ansprüche anmelden. Und dann wäre da noch das belgische Jahrhunderttalent Remco Evenepoel (22), das noch auf sein Tour-debüt wartet. „Es wird interessant in den nächsten Jahren“, sagte Pogacar und Manager Ralph Denk vom
Bora-hansgrohe-team ergänzte: „Es schaut so aus, dass es eine neue Entwicklung ist. Die Spitzenmannschaften haben viel gelernt, wie man mit jungen Leuten umgeht.“
Und welche Rolle können in diesem Jugend-spektakel die Deutschen spielen? In erster Linie ist Lennard Kämna zu nennen, der laut Denk „eine Riesen-bereicherung“ist. Der 25-Jährige hat sich bislang als Etappenjäger einen Namen gemacht. 2020 siegte er bei der Tour in Villard-de-lans, in diesem Jahr beim Giro auf dem Ätna. Geht noch mehr? „Wir werden es mit ihm besprechen, ob wir es mal wagen, bei einer Grand Tour auf Gesamtwertung fahren“, sagt Denk.