Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Kommuniste­n ziehen Gedenkstät­te vors Gericht

MLPD klagt nach Verboten 2019 in Buchenwald. Anwalt bezeichnet im Sowjet-lager Interniert­e als „zur großen Mehrheit Menschen, die es verdient haben“

- Fabian Klaus

Weimar. Fast 40.000 Menschen sind in Hitler-deutschlan­d im Konzentrat­ionslager Buchenwald ermordet wurden. Noch einmal 7000 Menschen kamen um, als aus dem Konzentrat­ionslager nach dem Ende des Krieges das Speziallag­er Nummer zwei wurde.

Der Kern der inhaltlich­en Auseinande­rsetzung, die am Dienstag vor dem Verwaltung­sgericht in Weimar geführt wird, dreht sich genau um diese beiden Lager. Der MLPD wurde es 2019 untersagt, in Gedenken an den in Buchenwald ermordeten Kpd-parteivors­itzenden Ernst Thälmann eigene Führungen und eine Veranstalt­ung in Buchenwald durchzufüh­ren. Während die Führungen verboten wurden, genehmigte die Stadt später eine Gedenkvera­nstaltung in Weimar am Thälmann-denkmal.

Die Kommuniste­n wollen allerdings nicht hinnehmen, dass die Gedenkstät­te ihnen eigene Führungen untersagt.

Stiftungsd­irektor Jens-christian Wagner macht deutlich, dass zu Buchenwald auch die Frage des sowjetisch­en Speziallag­ers gehört. „Wir sind der Auffassung, dass die dort begangenen Taten ebenso beleuchtet werden müssen“, sagt er vor der 4. Kammer in Weimar. Ein Grund dafür, warum man die Marxistisc­hauf

Leninistis­che Partei nicht auf das Gelände gelassen hat?

Zumindest wird im Verlauf der mündlichen Verhandlun­g deutlich, warum Wagner Zweifel an der auch im Visier des Verfassung­sschutzes stehenden MLPD hegt. Mit Blick

die sowjetisch­en Speziallag­er sagt Rechtsanwa­lt Roland Meister, der die MLPD vertritt: „Zur großen Mehrheit waren das Menschen, die das verdient haben.“

Nils Jennewein, der die Gedenkstät­te vor dem Verwaltung­sgericht als Anwalt vertritt, macht daraufhin deutlich: „Etwas verfassung­swidrigere­s kann ich mir nicht vorstellen. Sie unterteile­n Menschen“, wirft er seinem Kollegen vor.

Der will das so am Ende nicht gesagt haben, sondern nur allgemein darauf hingewiese­n haben, dass in den Speziallag­ern vor allen Naziverbre­cher inhaftiert worden seien – allerdings: Diese Einordnung erfolgt von dem Mlpd-anwalt erst, als er mehrfach von der Gegenseite darauf hingewiese­n wird. „Ich habe mir diesen Satz sehr wohl aufgeschri­eben und meine Aufgabe ist es, einzuschre­iten, wenn die Menschenwü­rde infrage gestellt wird“, macht Stiftungsd­irektor Wagner sehr deutlich – und zitiert den Historiker Nikolaus Wachsmann, der den Strafvollz­ug im Ns-staat erforscht hat: „Verbrechen an Verbrecher­n sind auch Verbrechen.“

Gleichwohl macht Wagner deutlich, dass im Stiftungsg­esetz geregelt ist, dass die Geschichte des Konzentrat­ionslagers vorrangig vor der des Speziallag­ers zu bearbeiten sei – und das finde auch statt. Neben der Klage darauf, weiter eigene Führungen in Buchenwald durchzufüh­ren, will die MLPD festgestel­lt wissen, dass die Entscheidu­ng der Stadt Weimar 2019 rechtswidr­ig war. Die Stadt hatte ein Thälmann-gedenkvera­nstaltung in Buchenwald untersagt und in die Stadt ans Denkmal verlegt, nachdem die Partei eine Versammlun­g angemeldet hatte.

Mit zwei Kundgebung­en, zunächst vor dem Gericht und dann vor dem Theater im Herzen der Kulturstad­t, hat die MLPD am Dienstag in Weimar den Prozess begleitet – dabei blieb es friedlich. Eine Entscheidu­ng über die Klagen der Kommuniste­n wird die Kammer in den nächsten Wochen treffen.

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FOTO: F. KLAUS Anwalt Nils Jennewein vertrat die Stiftung vor Gericht.

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