Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Karlsruhe prüft Corona-fonds der EU
Gab es Verstöße beim Eilverfahren zu deutscher Beteiligung?
Karlsruhe. Die Bundesregierung hat die gemeinsame Schuldenaufnahme für den Hunderte Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds der EU verteidigt. So etwas wie die Corona-krise habe man noch nicht gesehen, sagte Finanzstaatssekretär Werner Gatzer am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Er erinnerte an die dramatische Entwicklung im Frühjahr 2020. Ein entschlossenes gemeinsames Handeln sei in dieser Situation notwendig gewesen.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt nun über das Eu-aufbauprogramm „Next Generation EU“, das den Mitgliedstaaten helfen soll, wieder wirtschaftlich auf die Beine zu kommen (Az. 2 BVR 547/21 u. a.). Vereinbart wurde damals ein Volumen von bis zu 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018. Berücksichtigt man die Inflation, sind das mittlerweile knapp 807 Milliarden Euro. Die größten Summen gehen an besonders hart getroffene Länder wie Italien und Spanien. Deutschland rechnet mit Zuschüssen von fast 26 Milliarden Euro netto. Gleichzeitig ist es mit voraussichtlich rund 65 Milliarden Euro der größte Nettozahler.
Im Eilverfahren hatten die Verfassungsrichterinnen und -richter die deutsche Beteiligung erst einmal ermöglicht. Denn ein Stopp hätte wirtschaftlich und politisch viel Schaden angerichtet. Aus der Entscheidung vom 15. April 2021 geht aber hervor, dass die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes durchaus im Raum steht.
Mehrere Verfassungsbeschwerden wurden in Karlsruhe eingelegt. Verhandelt wurde am Dienstag über zwei davon. Sie rügen, dass die EU mit dem Paket ihre Kompetenzen überschritten habe und der Bundestag nicht habe zustimmen dürfen. Denn Schulden würden vergemeinschaftet. Die Verhandlung sollte an diesem Mittwoch fortgesetzt werden, das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.