Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Verschärfu­ng des Fachkräfte­mangels in der Politik angekommen

Linke bemängelt lange Zeiträume, bis offene Stellen in Thüringen wieder besetzt werden

- Simone Rothe dpa

Erfurt. Die Zeit bis zur Besetzung offener Stellen ist nach Angaben der Landtagsfr­aktion der Linken in Thüringen überdurchs­chnittlich lang. Im Schnitt dauere es 184 Tage, um geeignete Arbeitnehm­er zu finden, im Bundesdurc­hschnitt dagegen nur 124 Tage. Das sagte die arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Fraktion, Lena Saniye Güngör, in Erfurt.

In der Altenpfleg­e seien es in Thüringen nach Angaben der Agentur für Arbeit sogar 236 Tage, bis jemand für eine angebotene Stelle gefunden sei. Dies zeige, wie problemati­sch die Situation bei Fachkräfte­n im Freistaat bereits sei.

Güngör legte einen Katalog von möglichen Schritten vor, um die Situation bei der Fachkräfte­gewinnung zu verbessern, die entscheide­nd für die Zukunft Thüringens als Wirtschaft­sstandort sei. „Die Fachkräfte­gewinnung ist eine der größten Herausford­erungen für das Land.“Keine Lösungen seien für die Linke längere Arbeitszei­ten, wie die jetzt vorgeschla­gene 42-Stunden-woche, oder ein späterer Renteneint­ritt. Die Linke-fraktion in Thüringen wolle vielmehr zum Rentenalte­r von 65 Jahren zurückkehr­en.

Laut Güngör wird die Zahl der Thüringer im erwerbsfäh­igen Alter bis zum Jahr 2030 um 247.000 sinken. Das sei ein Rückgang um etwa 30 Prozent. Um so wichtiger sei es, junge Leute gut auszubilde­n, Thüringen aber auch attraktive­r für Fachkräfte aus anderen Bundesländ­ern oder dem Ausland zu machen.

Der Wirtschaft­spolitiker der opposition­ellen Cdu-fraktion, Martin Henkel, warf der Linken als Regierungs­partei vor, nur den Mangel

zu beschreibe­n und zu verwalten. „Es ist ein Armutszeug­nis, dass Thüringen am längsten braucht, um vakante Stellen zu besetzen und noch dazu die rote Laterne bei der Wiederbese­tzung von Führungspo­sten in Unternehme­n hat.“Henkel verwies auf Cdu-initiative­n wie eine einfachere Anerkennun­g ausländisc­her Abschlüsse oder den Meisterbon­us für Handwerker.

„Viele junge Thüringer gehen nach Nordrhein-westfalen oder Baden-württember­g. Warum sind es umgekehrt zu wenige, die nach Thüringen kommen?“, sagte Güngör. Sie regte eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng zu der Frage an, was Menschen bewegt, aus Thüringen abzuwander­n, und was zu bleiben.

Um Berufspend­ler oder Menschen, die berufsbedi­ngt abgewander­t sind, sollte ebenfalls gekämpft werden. Dafür müssten neben guten Arbeitsbed­ingungen Löhne und Gehälter gezahlt werden, „die bundesweit mithalten können“. Aus ihrer Sicht hätten sich noch nicht alle Unternehme­n der neuen Situation gestellt, so die Landtagsab­geordnete.

Nach ihren Angaben gehören Bauwirtsch­aft, der Gesundheit­sund Pflegebere­ich und technische Sparten zu den Bereichen, in denen zum Teil akuter Fachkräfte­bedarf herrscht. Auch der unternehme­nsnahe Dienstleis­tungssekto­r und die Gastronomi­e litten an Fachkräfte­mangel.

Vorgeschla­gen wurde unter anderem eine geringere Berufsschu­lklassengr­öße in speziellen Fachberufe­n oder der Ausbau der berufsbegl­eitenden Weiterbild­ungs- und Umschulung­sangebote für den Bereich erneuerbar­e Energien. Die Vorschläge sollen in Fachkreise­n diskutiert und gegebenenf­alls zu Anträgen an die Regierung im Landtag werden, so Güngör.

 ?? JENS BÜTTNER / DPA ?? Auf einer Tafel vor einem Restaurant wird nach Mitarbeite­rn für den Service- und Küchenbere­ich gesucht.
JENS BÜTTNER / DPA Auf einer Tafel vor einem Restaurant wird nach Mitarbeite­rn für den Service- und Küchenbere­ich gesucht.
 ?? MICHAEL GRÜBNER ?? Lena Saniye Güngör ist arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Thüringer Linken.
.
MICHAEL GRÜBNER Lena Saniye Güngör ist arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Thüringer Linken. .

Newspapers in German

Newspapers from Germany